Donnerstag, April 4, 2024
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Fragen rund um den Ehevertrag – Expertenwissen

Für welche Paare ist ein Ehevertrag sinnvoller als die gesetzlichen Regelungen?

Für welche Paare ist ein Ehevertrag sinnvoller als die gesetzlichen Regelungen? Was sollte bei der Heirat beachtet werden?

Ehevertrag für Selbstständige

Ein Ehevertrag ist sinnvoll insbesondere für Selbstständige und für Beteiligte mit Vermögen, das über das normale Maß hinaus anwachsen kann. Denn zum Beispiel Firmenbeteiligungen können im Lauf der Zeit sehr wertvoll werden und wären dann ausgleichspflichtig.

Das betrifft auch Erbschaften in ihrem Wertzuwachs, auch wenn das
Ererbte selber dem Anfangsvermögen hinzugerechnet wird und insofern nicht darunterfällt.

Ist das ererbte Vermögen jedoch sehr hoch, wäre das zusätzlich Erworbene ausgleichspflichtig. Für diese Gruppen ist ein Ehevertrag äußerst sinnvoll.

Sehr wichtig ist er auch, wenn ein Unternehmer nicht allein Inhaber seiner Firma ist, sondern noch weitere Geschäftspartner hat. Denn diese wären von einem Zugewinnausgleich, der die Firma zerstören kann, mit betroffen. Deswegen wird in Gesellschafterverträgen sogar oft verlangt, dass die Gesellschafter bei einer Heirat einen Ehevertrag abschließen, der das Firmeneigentum vom Zugewinnausgleich ausschließt und so schützt.

Ehevertrag bei verschiedenen Nationalitäten

Ebenso wichtig kann ein Ehevertrag bei Beteiligten mit verschiedenen Nationalitäten sein, um im Falle der Trennung und Scheidung das geltende Recht festzulegen. Denn andernfalls kann es passieren, dass das Recht aus dem Heimatland des anderen Ehegatten wirksam ist.

So gibt es zum Beispiel Länder, die keinen Rentenausgleich vorsehen. Relevant werden kann außerdem noch das Recht eines dritten Landes, in dem das Paar lebt. Durch den Ehevertrag sollen also die national unterschiedlichen Regelungen in Einklang gebracht werden.

Ehevertrag bei Doppelverdienern

Bei Doppelverdiener-Ehen ohne Kinder, bei denen es eine größere
Einkommensdifferenz gibt, kann es sinnvoll sein, zumindest den Unterhaltsanspruch auszuschließen.

Solange beide Partner wirtschaftlich unabhängig sind und keiner der beiden Eheleute Kinder aus der Ehe erzogen hat, ist die Diskussion normalerweise bei einer Scheidung unnötig und kann durch den Ehevertrag verhindert werden.

Ehevertrag, wenn Kinder aus vorherigen Beziehungen da sind.

Wenn die Eheleute im fortgeschrittenen Alter sind, Kinder aus vorherigen
Beziehungen haben und darüber hinaus wahrscheinlich noch etwas zu vererben haben werden, dann kann ein Ehevertrag überdies sinnvoll sein.

Die Partner können so die eigenen Kinder entsprechend bevorzugen beziehungsweise absichern.

Für wen sind die gesetzlichen Regelungen bei einer Eheschließung ausreichend?

Ausreichend sind die gesetzlichen Regelungen bei einer Eheschließung für alle, die kein großes Vermögen und kein großes Einkommen haben und die ein klassisches Rollenmodell leben wollen und dies schon bei Eheschließung wissen. In der Regel begünstigt die gesetzliche Regelung die Frauen, die aufgrund der Kindererziehung ganz oder teilweise beruflich aussetzen.

In welcher Situation kommt es typischerweise zu Problemen, wenn kein Ehevertrag vorhanden ist?

Das typische Praxisbeispiel ist der Fall, in dem die Frau die Kinder erzieht und dem beruflich erfolgreichen Mann den Rücken freihält. Seine berufliche Laufbahn führt dazu, dass die Frau in ihren beruflichen Möglichkeiten immer weiter eingeschränkt ist, da sie nicht auf seine Unterstützung setzen kann, wenn die Kinder krank sind oder anderweitig Betreuung brauchen. Die Frau ist dann im Trennungsfall ohne Ehevertrag gut abgesichert, wohingegen der Mann die daraus folgenden unterhaltsrechtlichen Regelungen oft ungerecht findet.

Hat man völlige Freiheit bei der Gestaltung eines Ehevertrags?

Völlige Freiheit hat man nicht. Im Prinzip gilt zwar die Vertragsfreiheit, aber das Gericht nimmt eine Inhalts – und Ausübungskontrolle vor, wenn der Ehevertrag vorgelegt wird. Hier ist die sogenannte Kernbereichstheorie des Bundesgerichtshofs zu beachten. Diese besagt, dass die Inhalts– und Ausübungskontrolle des Gerichts immer engmaschiger wird, je näher man dem Kernbereich der Daseinsvorsorge kommt.

Deshalb ist zum Beispiel ein Ausschluss des Rentenausgleichs wesentlich schwieriger zu bewerkstelligen als ein Ausschluss des Zugewinnausgleichs, für den fast keine Anforderungen gelten.

Den Trennungsunterhalt (das ist der Unterhalt, den man von der Trennung bis zur Scheidung bekommen kann) kann man nach heutigem Stand überhaupt nicht komplett ausschließen.

Aljona Fink
Aljona Finkhttps://die-scheidungskanzlei.hamburg
Gastbeiträge auf Adeba von Aljona Fink. Sie ist Rechtsanwältin in Hamburg und auf Familienrecht, insbesondere Scheidungen, spezialisiert.

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