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Heute ist bundesweiter Vorlesetag – mach mit!

Vorlesen fördert die Fantasie und die Intelligenz des Kindes

Leider wird sehr vielen Kindern in Deutschland zu selten etwas vorgelesen, so das Ergebnis der aktuellen Vorlese-Studie. Fast ein Drittel der befragten Eltern lesen ihren Kindern entweder nie oder maximal einmal wöchentlich etwas vor. Diese Situation hat sich trotz Vorlesetage seit 2013 in keiner Weise gebessert.

Seit dem Jahre 2007 wird die Vorlesestudie im Rahmen eines Kooperationsprojektes, das von der ZEIT, der Stiftung Lesen und der Deutsche Bahn Stiftung ausgerichtet wird, durchgeführt. Die „Krämer Marktforschung “ (KMF) hat zu diesem Zweck in den Monaten Juni und Juli 2019 insgesamt circa 700 Eltern von Kindern zwischen 2 und 8 Jahren befragt.

Dabei entpuppen sich gerade die Väter mit ungefähr 60 Prozent als besondere Vorlesemuffel. Bei den Müttern sind in etwa 27 Prozent als vorlesefaul zu bezeichnen. Bezeichnenderweise sind es eher die weniger gut gebildeten Eltern und/oder Eltern mit relativ kleinem Einkommen, die das Vorlesen gern vergessen. Eine entsprechende Korrelation ist auch bei Familien mit mehreren Kindern deutlich zu erkennen.

Was die Studie ebenfalls aufzeigt: Es ist nicht der Job, der die Eltern vom Vorlesen abhält, denn berufstätige Mütter sind diesbezüglich wesentlich leistungsstärker als Mütter ohne berufliche Tätigkeit.

Die Stiftung Lesen empfiehlt, seinen Kindern täglich mindestens 15 Minuten lang etwas vorzulesen. Gleichwertig wäre das gemeinsame Anschauen von Bilderbüchern oder das Erzählen von Geschichten. Es gibt eine ganze Reihe älterer Vorlesestudien, die gezeigt haben, dass Kinder, denen ihre Eltern regelmäßig etwas vorgelesen, deutlich mehr Erfolge in der Schule vorweisen.

Nicht nur Bücher machen schlau

Die Studie weist explizit darauf hin, und das scheint den Autoren ein Anliegen zu sein, dass alle Aktivitäten, die mit dem Vorlesen vergleichbar sind, ein hohes Förderungspotenzial für die Kinder in sich tragen. Wer also zum Beispiel selbst kreativ Geschichten erfinden kann oder Märchen frei nachzuerzählen vermag, regt die Fantasie und damit die Intelligenz der Kinder ebenso intensiv an.

Wem es da zuweilen an Inspiration fehlt, darf gern mal etwas tiefer in sich gehen und dort nach eigenen Kindheitserlebnissen kramen, die vielleicht etwas anders verpackt und ausgeschmückt eine super Story abgeben.

Dein Kind kannst und solltest Du übrigens gleich in die Geschichte involvieren, lass es mitmachen, so kann es sich mit den handelnden Personen oder Tieren besser identifizieren. Es ist alles in allem ein sehr kreativer Prozess, den Du noch toppen kannst, wenn Ihr gemeinsam Bilder zur Geschichte malt.

Als ein Beispiel folgt nun diese Geschichte:

Wie der kleine Erich den verschwundenen Schmuck wiederfand

Hallo Kinder, ich heiße Erich und bald ist mein fünfter Geburtstag. Darauf freue ich mich schon sehr, denn dieses Mal wollen mir ganz viele Leute etwas schenken. Warum das so ist, möchte ich Euch kurz erzählen.

Meine Geschwister Gerald und Gloria sind Zwillinge und fünf Jahre älter als ich. Sie nennen mich immer nur „der Kleene“ und spielen kaum mal mit mir. Oft lachen sie mich sogar aus und nehmen mich überhaupt nicht ernst, so wie neulich.

Da klingelten schon ein paar Tage lang immer wieder Nachbarn an unserer Tür und fragten meine Mama, ob uns auch Sachen gestohlen worden sind. Der dicke Herr Borchert zum Beispiel, der mit seinen großen, schweren, schwarzen Schuhen immer so laut trampelt, regte sich sehr darüber auf, dass seine goldene Kaiser-Wilhelm-Gedenkmünze plötzlich weg ist, das beste Stück aus seiner Münzsammlung.

Auch Frau Habicht, die mit dem blauen Faltenrock, war da. Sie vermisste ihren goldenen Ehering mit dem kleinen, weißen Edelstein. Unter uns wohnt Frau Klingbeil mit ihrem Dackel. Sie kam ebenfalls zu uns nach oben und fing bitterlich an zu weinen, weil sie ihre Halskette mit den großen Perlen nicht mehr finden kann. Das war das Hochzeitsgeschenk von ihrem Mann, der gerade im Krankenhaus ist.

Mein Papa hielt sich wie immer aus allem heraus. Er saß mit seiner großen Zeitung am Küchentisch und tat so, als würde er darin lesen, dabei hörte er ganz genau zu, was die Nachbarn erzählten. Ich habe es ja genau bemerkt.

Er sagt meistens nicht viel, sondern beschäftigt sich eher damit, seine Tabakpfeife zu stopfen, die er so gern auf dem Balkon pafft. Es ist eine sehr schöne Pfeife, auf die er sehr stolz ist, weil sie aus edlem Wurzelholz gemacht und ganz glatt lackiert ist. Am Mundstück hat sie einen breiten Kupferring, der immer so schön in der Sonne glänzt.

Doch dann war auch seine schöne Pfeife plötzlich weg, die sonst immer auf dem gleichen Platz auf dem Balkon liegt, damit sie dort auslüften kann und er sie nicht mehr so oft suchen muss, wie es früher der Fall war. So aufgeregt habe ich Papa schon lange nicht mehr gesehen.

Kurz vor dem Sandmännchen bin ich noch mal auf den Balkon gegangen, weil ich dachte, vielleicht ist ja Papas Pfeife nur unter den Tisch gefallen. Da saß ein ziemlich großer Vogel auf dem Tisch. Er hatte einen schwarzen Kopf und einen weißen Bauch und einen ganz harten, spitzen Schnabel.

Ich hatte sogar ein bisschen Angst vor ihm. Als er mich sah, schaute er mich noch einen Moment lang sehr ernst an und flog sogleich weg. Doch er hatte etwas in seinem Schnabel. Erst konnte ich nicht genau erkennen, was das war, aber dann fiel es mir ein: Das war der silberne Serviettenring von meiner Mama.

Ich wollte unbedingt sehen, wo der Vogel damit hinfliegt, aber die Balkonbrüstung war so hoch. Ich stellte mich auf einen Stuhl und sah nun, dass sich der Vogel auf das Baumhaus auf unserem Spielplatz setzte. In diesem Moment kam Mama mit den Zwillingen auf den Balkon und fing sofort an, mit mir zu schimpfen: „Erich, komm da sofort herunter! Wenn du über den Balkon fällst, brichst du dir beide Beine oder noch schlimmer.

Ich wollte ihr sagen, dass ich einen großen Vogel gesehen habe, der hier Sachen von unserem Balkon mitnimmt, aber Mama war wieder so aufgeregt, dass sie mir gar nicht zuhörte, und Gloria lachte mich nur aus mit den Worten: „Klar, ein richtiger Raubvogel, und eine Sternschnuppe hat wohl die Pfeife angezündet, oder was?

Am nächsten Vormittag waren meine Geschwister in der Schule und ich durfte für eine Stunde nach unten allein auf den Spielplatz gehen. Erich, du weißt aber, dass du nicht ins Baumhaus klettern darfst, das ist zu gefährlich für dich“, gab mir meine Mama noch mit auf den Weg. Sie hat ja recht, denn das Bauhaus ist sehr weit oben angebracht und allein kann ich so weit vielleicht nicht hochsteigen. Aber bestimmt freut sich Mama, wenn ich ihr ihren silbernen Ring wiederbringe?

Ich wagte also die ersten Schritte auf der wackeligen Strickleiter nach oben. Es ging eigentlich erstaunlich einfach und ich machte mutig weiter. Im Baumhaus oben angekommen wusste ich aber nicht, wie ich auf das Dach kommen kann. Doch ganz dicht am Fenster war ein dicker Ast, an dem ich mich gut festhalten konnte. Von diesem Ast aus konnte ich gerade noch einen weiteren Ast ergreifen und schon konnte ich mit einem großen Schritt aufs Dach steigen. Was ich da sah, war einfach irre.

In dem Vogelnest lag nicht nur Mamas Silberring. Da waren auch der kleine Ring von Frau Habicht, die Goldmünze von Herrn Borchert, die Perlenkette von Frau Klingbeil und sogar Papas Tabakpfeife.

In diesem Moment hörte ich die schrille Stimme meiner Mama, die vom Balkon rief: „Erich, du rührst dich da keinen Fleck von der Stelle und wartest, bis dich da jemand herunter holt.“ In diesem Moment war ich etwas verunsichert, denn auch ich merkte, dass der Weg zurück nach unten wirklich viel schwieriger ist, als nach oben zu klettern.

Es dauerte nicht lange, da hörte ich schon mehrere Sirenen von Feuerwehrautos. Der Leiterwagen fuhr mit Blaulicht und Martinshorn bis auf den Sandplatz vor, dann wurde die Drehleiter ausgefahren und ein Feuerwehrmann näherte sich vorsichtig dem Dach des Baumhauses.

Als er sah, wie ich versuchte, den ganzen Inhalt des Vogelnestes in meine Hosentaschen zu stopfen, grinste mich der ruhige, freundliche Mann mit einem breiten Lächeln an und erklärte: „Ja, mein Junge, das ist typisch für die Elster. Diese Banditen klauen alles, was glänzt, wenn es nicht niet- und nagelfest ist.

Als er mich zu Hause ablieferte, begann Mama ihre Tiraden zu schimpfen, doch als ich Papa seine Tabakpfeife reichte, bedeutete er ihr überglücklich, sich zu beruhigen, und lobte mich mit den Worten: „Erich hat heute viel Mut bewiesen und er hat alles richtig gemacht.

Bald kamen unsere Nachbarn, um sich ihre Sachen abzuholen. Alle waren sich darin einig, dass ich dieses Jahr zum Geburtstag besonders viele schöne Geschenke verdient habe. Nur meine Schwester Gloria zickelte neidisch darauf herum, dass ich ja gar nicht auf das Baumhaus klettern durfte. Da rutschte mir ganz automatisch die freche Antwort heraus: „Ja, ich weiß, und Sternschnuppen tragen Perlenketten.“

Fachredaktion Adeba
Fachredaktion Adebahttps://magazin.adeba.de/author/fachredaktion/
Ich bin eine Diplom-Psychologin mit Lehrbefähigung, die gerne Texte rund um zwischenmenschliche Beziehungen, Gesundheit und Ernährung schreibt. Manchmal auch über Kultur und Reisen und hin und wieder sogar über Geschichte. Ich freue mich sehr über Eure Kommentare und hoffe, Ihr mögt meine fachlichen Texte, die immer ein wenig meine persönliche Handschrift tragen. Ich möchte Euch rund um die großen Themen Schwangerschaft, Geburt und Kindererziehung informieren, wichtige Anregungen geben und gern auch mal zu einer kontroversen Diskussion provozieren.

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