Todesursache: gebrochenes Herz! Wenn ein Arzt so diagnostiziert, kann man ihn dann noch ernstnehmen? Ja, das „Broken-Heart-Syndrom“ ist kein Märchen, sondern todtraurige Realität.
Das Phänomen Liebeskummer, das in die Wissenschaft als Broken-Heart-Syndrom eingegangen ist, ist gewiss so alt wie die Menschheit. Bei den meisten Menschen geht es dabei um ein ziemlich trauriges Gefühl, das aber irgendwann wieder verfliegt, spätestens dann, wenn sich am Horizont eine neue Liebe abzeichnet.
Doch es geht noch schlimmer. Einige Menschen erkranken regelrecht daran und leiden unter Herzrhythmusstörungen, ganz ähnlich wie sie bei einem Herzinfarkt auftreten. Interessanterweise sind aber fast ausschließlich nur Frauen von so intensivem Liebeskummer gebeutelt.
Das Broken-Heart-Syndrom ist kein Märchen
Im Jahre 1991 wurde das eher seltene Tako-Tsubo-Syndrom, das auch gern als Broken-Heart-Syndrom, manchmal als Stress-Kardiomyopathie bezeichnet wird, eine wissenschaftlich anerkannte Krankheit. Da die Tako-Tsubo-Kardiomyopathie zunächst in Japan aufgefallen war, wurde sie erst einmal für eine typisch asiatische Erkrankung gehalten.
Es handelt sich dabei tatsächlich um eine lebensbedrohliche Funktionsstörung des Herzens infolge einer heftigen, akuten emotionalen Belastung. Der Liebeskummer tritt dabei am häufigsten in Erscheinung und ist dann symptomatisch von Brustschmerzen, Luftnot und sogar Flüssigkeitsansammlungen in der Lunge begleitet.
Eine Studie zu diesem Thema ergab, dass ungefähr drei Prozent aller Infarktverdachtsfälle in Wahrheit auf ein „gebrochenes Herz“ und eben nicht auf verklumpte Herzkranzgefäße zurückgingen. In vielen Fällen handelte es sich um Frauen jenseits ihrer Wechseljahre, die gerade den Verlust eines engen Angehörigen zu betrauern hatten oder einer anderen starken Stresssituation unterworfen waren.
Warum leiden gerade Frauen an gebrochenem Herzen?
Dass die weiblichen Hormone hierbei eine Schlüsselrolle spielen, wird schon seit langer Zeit vermutet. Vor Kurzem gelang es Wissenschaftlern der Göttinger Universitätsmedizin, neue Signalwege des Herzens zu identifizieren, was im Ergebnis zu der Erkenntnis führte, dass auch eine genetische Veranlagung als Auslöser für das Broken-Heart-Syndrom infrage kommt.
Dazu untersuchten die Forscher Stammzellen von Patientinnen, die unter dem Broken-Heart-Syndrom litten. Ihre Herzzellen reagierten bis zu sechsmal intensiver auf Stresshormone. Und genau diese werden in großen Mengen ausgeschüttet, wenn einem das Herz bricht. Vielleicht sind Frauen eben doch die emotionaleren Wesen?
So seltsam wie gefährlich
Dr. Holger Nef ist leitender Oberarzt am Herzkatheterlabor des Universitätsklinikums Gießen und Marburg. Er bestätigt, dass die Funktionsstörungen beim Broken-Heart-Syndrom jenen eines Verschlusses des linken Herzkranzgefäßes ähneln, obwohl in diesen Fällen von einer Verstopfung gar keine Rede sein kann.
In einer Studie am „Johns Hopkins Medicine Institute“ wurde herausgefunden, dass der Körper beim Broken-Heart-Syndrom eine Überdosis insbesondere auch von Adrenalin ausschüttet, was eine eindickende Wirkung auf das Blut hat.
In Folge der schlechteren Blutzirkulation fühlen sich die Patienten sehr schwach, bekommen weniger Luft und leiden unter Schmerzen im Brustkorb. Vor diesem Hintergrund sind die vielen Schicksale besser zu verstehen, bei denen ältere Menschen nur wenige Tage oder Wochen nach dem Tod ihres langjährigen Lebensgefährten selbst versterben.
An der Rice University in Houston/Texas fand man heraus, dass sich bei anhaltend stark trauernden Menschen heftige Entzündungsreaktionen im ganzen Körper entwickeln, woraus sich seriöse Herzschäden ergeben können.
Das Broken-Heart-Syndrom braucht eine besondere Behandlung
An einem „richtigen“ Herzinfarkt stirbt ungefähr die Hälfte der Betroffenen. Beim Broken-Heart-Syndrom liegt die Sterblichkeitsrate aber „nur“ bei gut drei Prozent. Dennoch können und sollten wir alle dazu beitragen, dass sich die Erkrankung der Betroffenen nicht immer tiefer manifestiert.
Natürlich werden heute spezielle Medikamente wie der Kalzium-Sensitizer Levosimendan verabreicht. Dennoch ist der Stellenwert von Therapie-Sitzungen als mindestens ebenso wichtig einzustufen, da es jeder erlernen kann, mit dem hohen Stress durch den Verlust eines geliebten Menschen besser umzugehen.
Noch ein Blick auf die Statistik
Analysiert man Sterbe-Statistiken etwas genauer, fällt in der Tat auf, dass die Beziehungen zwischen Menschen zuweilen über Leben und Tod entscheiden. Untersucht wurde das Thema von Wissenschaftlern der Harvard University sowie der University of Yamanashi in Tokio. In die Meta-Analyse fließen 15 Einzelstudien ein, die ihren Fokus auf jene Sterblichkeit gerichtet haben, die relativ bald nach dem Tod eines Lebenspartners eintrat.
Rein statistisch ist die Wahrscheinlichkeit, innerhalb eines halben Jahres nach dem Tod der Bezugsperson zu sterben, um immerhin 41 % erhöht. Diese Zahl gilt recht allgemein, denn sie ist erstaunlicherweise fast unabhängig vom Alter der Betroffenen.
Eine britische Studie über verwitwete Menschen wies sogar eine Verdoppelung des Risikos nach, einen Schlaganfall oder einen Herzinfarkt innerhalb des ersten Monats nach dem Tod des Partners zu erleiden.
Noch deutlich gravierender wirkt sich der Verlust eines Kindes aus. Eine US-Studie bezog zu diesem traurigen Thema mehr als 70.000 Fälle in die Betrachtung ein. Die Erhöhung des Sterberisikos für die Mutter wurde darin auf 133 Prozent beziffert.
Fazit:
Ein gebrochenes Herz kann nicht automatisch wieder verheilen. Falls doch, dann braucht es extrem viel Zeit. Deutlich verkürzen und verbessern lässt sich der Prozess durch Inanspruchnahme professioneller Hilfe.
Darüber hinaus kann und sollte jeder jedem dabei helfen, denn das Broken-Heart-Syndrom kann jeden von uns einmal aus „heiterem“ Himmel treffen. Deshalb ist die ehrliche Zuwendung von Freunden, Verwandten und Bekannten so überaus segensreich.
Übrigens, an gebrochenem Herzen zu sterben, ist keineswegs nur ein „Privileg“ der Menschen. Auch Elefanten tun dies, denn sie empfinden zum Teil eine sehr tiefe Trauer, wenn ein Artgenosse stirbt. Das geht so weit, dass sie nicht nur richtig weinen, sondern sich einfach nur noch hinlegen, bis sie verhungern oder verdursten.