Nein, das ist tatsächlich mal kein Artikel über Corona, wenngleich in diesen Tagen
starke Schnittstellen zwischen der obigen Fragestellung und den Auswirkungen der
Pandemie nicht von der Hand zu weisen sind. Dennoch soll es hier ganz allgemein
um das psychische und seelische Wohlbefinden des Kindes gehen, weil dies
das Fundament jeder gesunden Entwicklung ist.
Eltern wissen, dass ihr Kind auf dem Weg zum erwachsenen Menschen so manche
Enttäuschung oder Ungerechtigkeit und vielleicht auch herbe Rückschläge bis hin
zum Trauma beispielsweise durch den Tod einer wichtigen Bezugsperson erleben
wird und wegstecken muss.
Um daran nicht zu zerbrechen, soll das Kind mit einer starken, belastbaren Psyche
ausgestattet werden, denn diese ist nicht angeboren. Jeder Mensch muss eigentlich
das ganze Leben lang mühsam an seiner Psyche feilen, wobei wir als Eltern unseren
Kindern effektiv dabei helfen können, die Fähigkeit dazu erst einmal nachhaltig zu
installieren.
Was genau ist unter psychischer Gesundheit zu verstehen?
Da sind auf der einen Seite die alltäglichen Herausforderungen und Belastungen, die
auf jeden Menschen mehr oder weniger intensiv einhämmern. Demgegenüber stehen
dem Menschen Mittel und Ressourcen zur Verfügung, mit deren Hilfe all die
Anforderungen zu bewältigen sind.
Das klappt solange gut, wie beide Gegenpole ein ungefähres Gleichgewicht bilden.
Die Situation ist gut vergleichbar mit der körperlichen Gesundheit, die ja auch nichts
anderes ist als ein funktionierendes Gleichgewicht zwischen den ständig
eindringenden Keimen und der Schlagkraft des Immunsystems.
Mit Blick auf die Psyche bringt jeder sein persönliches „Rüstzeug“ mit, das sich zum
Teil auch aus genetischen Komponenten zusammensetzt. Hinzu treten dann noch die
eigenen erworbenen Fähigkeiten und Charaktereigenschaften. Ein besonderes
Gewicht kommt dabei dem Rückhalt und der Unterstützung zum Beispiel durch die
Familie oder gute Freunde zu.
Letzteres gilt insbesondere für unsere Kinder, die eine psychische „Robustheit“, die
auch als Resilienz bezeichnet wird, überhaupt nur dann entwickeln können, wenn sie
das Glück einer starken emotionalen Bindung zu mindestens einer innigen
Bezugsperson ihr Eigen nennen können. Nein, das ist ganz und gar nicht
selbstverständlich.
Den kleinen Unterschied glätten
Es wurde weiter oben bereits angedeutet, dass jedes Kind zum Teil auch genetisch
bedingt mit einem etwas anderen Rüstzeug ausgestattet wurde. So kommt es, dass
manche Kinder von Hause aus temperamentvoller, lebhafter, impulsiver oder eben
zurückhaltender, vielleicht sogar ängstlicher sind.
Für Kinder ist es daher ganz entscheidend, dass sie immer wieder die gute Erfahrung
machen können, dass sie in einer problematischen Situation, wenn sie zum Beispiel
Schwierigkeiten, Sorgen oder Ängste haben, stets hilfreiche Unterstützung erfahren,
die es ihnen schließlich ermöglicht, jegliche Hürde selbst zu überwinden.
Wie können Eltern die psychische Entwicklung ihrer Kinder befördern?
Diese Frage ist nur folgerichtig vor dem Hintergrund, dass die meisten Eltern recht
gut wissen, wie sie ihre Kinder in ihrer körperlichen und geistigen Entwicklung
voranbringen können. Leider gibt es für die Unterstützung der Psyche nicht so klare,
eindeutige „Kochrezepte“, die bei jedem Kind gleichermaßen funktionieren.
Aber wir dürfen von der unumstößlichen Wahrheit ausgehen, dass auch die
Entwicklung der Psyche (spätestens) mit dem Tag der Geburt beginnt und von da an
jeden Tag weiter ausgeformt wird, ganz und gar in Abhängigkeit davon, was von
außen an Gefühlen, Erlebnissen, Informationen und Anforderungen auf das Kind
einströmt. Und genau daran haben Eltern, Geschwister oder Großeltern, aber auch
die Erzieher und Lehrer einen gewaltigen Anteil.
In den „Warenkorb“ der psychischen Unterstützung des Kindes gehören daher:
- Zuwendung und bedingungslose Liebe
- Schutz und Fürsorge
- Aufmerksamkeit und Wertschätzung
- Vertrauen schaffen durch Zuverlässigkeit
- Förderung von Eigeninitiative
- Angebote von Aktivitäten machen, aus denen das Kind unbeeinflusst auswählen darf
- Kindliche Neugierde unterstützen und eigene Erfahrungen zulassen
- Dem Kind die Zeit lassen, eigene Lösungswege zu finden
- Sinnvolle, nachvollziehbare Regeln* und Grenzen setzen
- Dem Kind vertrauen und ihm etwas zutrauen
*Täglich gleichartige Strukturen und Rituale geben dem Kind Orientierung und Sicherheit. Dazu gehören ganz einfache Dinge wie das Zähneputzen vor dem Schlafengehen, das beispielsweise immer um 19:30 Uhr eingeleitet wird.
Alterstypische Entwicklungsaufgaben
Bei den kinderärztlichen Vorsorgeuntersuchungen stehen vor allem die
alterstypischen körperlichen Entwicklungsschritte im Fokus. Da werden zum Beispiel
motorische Fähigkeiten wie das freie Sitzen, Krabbeln oder Laufen abgeprüft. Auch
das selbstständige Essen und Trinken sowie das Anziehen stehen hier auf der
Agenda.
Nicht zu kurz kommen darf bei dieser „Überwachung“ das Augenmerk auf die eher
psychisch ausgerichteten Fähigkeiten. Dazu gehören unter anderem:
- Das Baby muss während der ersten Lebensmonate zu mindestens mit einem Elternteil eine innige Beziehung aufgebaut haben.
- Es hat einen regelmäßigen Essens- und Schlafrhythmus entwickelt.
- Das Baby hat in gewissen Grenzen gelernt, sich selbst zu beruhigen.
- Das Baby beziehungsweise Kleinkind macht erkennbare Fortschritte bei der Entwicklung seiner Sprache**.
- Das Kind beginnt eigenständig zu denken und lernt den Umgang mit seinen Gefühlen, was einen wesentlichen Baustein für seine soziale Entwicklung darstellt.
**Wird das Kind zweisprachig erzogen, ist es völlig normal, wenn das Kind etwas später zu sprechen beginnt, da es erst einmal die unterschiedlichen Sprachstrukturen für sich sortieren muss, was eine schwierige Aufgabe ist.
Störungen lassen sich korrigieren
Jede dieser Entwicklungsaufgaben ist für das Kind eine echte Herausforderung, die es eigentlich nur dann meistern kann, wenn die vorangegangene Fähigkeit bereits gut sitzt, da eben vieles aufeinander aufbaut wie bei einem gut abgestimmten Studium an der Universität. Gab es an irgendeiner Stelle auf dem vorgegebenen Entwicklungsweg eine Störung, kann es zu einer Überforderung des Kindes kommen.
Eine solche Situation ist aber deshalb nicht unbedingt dramatisch, weil die Eltern hier viel ausgleichen können. Wie bei einer Art „Nachhilfeunterricht“ lässt Du Dein Kind geduldig viel ausprobieren oder nachahmen.
Gib Deinem Kind stets die Sicherheit, dass Du für Dein Kind da bist und auch jederzeit einstehst. Ermutige es, Neues zu probieren, und es wird alle alterstypischen Aufgaben mit Bravour bewältigen. Hintergrund dessen ist, dass das Kind dadurch schon sehr früh Vertrauen in seine eigenen Fähigkeiten entwickeln kann und im Ergebnis zu einem Menschen mit gesundem, aber nicht übertriebenem Selbstvertrauen heranwächst, was ja unser aller Ziel sein sollte.
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