„Eins sein mit der Natur und dem eigenen Körper“, so lautet das Motto der internationalen Urlauberschar, wenn sie sich auf den Weg zu einem der sieben speziellen Campingplätze von France 4 Naturisme macht. Die Domaine de la Sablière im Departement Gard, angrenzend an die Provence breitet sich auf 72 Hektar inmitten des drei Mal so großen Naturschutzgebietes „Natura 2000“ aus. Sehr viel Platz für Nacktheit.
Das Feriendorf Domaine de la Sablière
An der Rezeption empfängt die Besucher der Deutsch-Franzose Alex David. Die Camping-Offerten reichen von bezugsfertigen Zelten, Mobilheimen bis zu Bungalows und Chalets mit ausladenden Terrassen, sogar ein behindertengerechtes Mobilheim ist im Angebot.
Die Quartiere sind auf dem riesigen Areal zwischen üppigen Buschgruppen und Bäumen in den berühmten Schluchten von Cèze in drei Bereichen verteilt.
Bungalow mit Blick auf die Cèze-Schlucht
Es gibt den oberen Teil Pinson, wo sich Badebereiche mit zwei beheiztem Schwimmbecken, einer Sauna, Wellness-Bereich, Konzert-Bühnen, Restaurants und Bars befinden.
Die anderen zwei Standorte Mésange und Fauvette liegen am Fluss mit seinen langen Sand- und Kies-Stränden und den bizarren Felsbänken. Hier ist ein Supermarkt eingerichtet, der frische Backwaren und regionale Produkte anbietet.
Der Rezeptionist Alex David
Nacktheit als ein Lebensgefühl
Alle Urlauberpaare und -familien vereint hier diese Idee des Naturismus als Lebensweise in Harmonie mit Landschaft und Natur. Das ist schon etwas mehr als sich ein paar Stunden hüllenlos sonnen und schwimmen, so wie man Freikörperkultur am deutschen Ostseestrand zelebriert. Nacktheit als ein Lebensgefühl. „Ein Teil unserer Gäste legt bei Ankunft im Quartier die Bekleidung ab und zieht sie erst bei Abfahrt wieder an“, erklärt Alex. „Also nackt Spazieren gehen, einkaufen, das Restaurant besuchen. Es ist natürlich und wird von allen akzeptiert, auch wenn es von den Gästen durchaus unterschiedlich praktiziert wird. Nicht jeder will hüllenlos speisen.“ Und manchmal sorgt auch der Sommer in Südfrankreich für kühles Wetter, wo man schon mal einen leichten Pullover braucht.
Allerdings gibt es hier keine FKK-Polizei, „Wir haben eine sehr lockere, familiäre Atmosphäre. Hier laufen auch keine Spanner herum. Bei uns herrscht in der Frage der Nacktheit Toleranz“, so Alex. Aber in den großen Badebereichen am Pool mit Liegestühlen, am Fluss auf Liegewiesen und in der Sauna ist die Nacktheit „unerlässlich“, so der Sprachgebrauch im Sablière.
Schwimmen im Fluss Cèze
Den Wind auf der Haut spüren
Immer mehr Franzosen, Niederländer, Belgier und Deutsche, viele Familien mit Kindern entdecken diese Form des Urlaubs, der von Anfang April bis Oktober geboten wird. Viele Stammgäste bevölkern die Anlage, darunter auch Klaus Krisch.
Stammgast Klaus Krisch aus dem Odenwald
Er kommt mit seinem Auto und Wohnwagen aus dem Norden von Baden-Württemberg aus dem kleinen Städtchen Buchen im Odenwald und entdeckte als Kanusportler Sablière bereits vor knapp 30 Jahren. Die Region der Provence mit ihrem Flair und ihren Düften, das unbeschreibliche Gefühl, ohne Kleindung den Tag zu verbringen, den Wind auf der Haut zu spüren, all das hat ihn nicht mehr losgelassen. „Hier bin ich nicht in Kleider eingesperrt, die Haut atmet und ich fühle ganz intensiv die Natur“, so der frühere Handwerksmeister einer Polsterei. „Ich kann auf meiner Haut die Freiheit erfahren, das muss man erleben. Außerdem soll so ein Leben mit Naturisme sehr gesund sein“ ergänzt der 87jährige verschmitzt mit einem Lächeln und setzt seine Wanderung im flotten Schritt fort.
An der Cèze
Alle finden ihre Ruhe in der Natur
Die PKW stehen zumeist auf zentralen Parkplätzen, keine Radios plärren und in vielen Bereichen hier im Camp gibt es weder Handyempfang noch WLAN.
Oberhalb eines großen Badepools mit Blick auf Berge und Schluchten liegt das Restaurant. Hier empfängt mich die frühere Besitzerin Gaby Cespedes. Sie gründete das Camp im Jahr 1975, weil sie, wie sie es drastisch ausdrückt „die Nase voll hatte vom Stadtleben in Nimes“ und außerdem ihr Ehemann an Asthma gelitten hat. Alles begann damals auf vier Hektar mit 35 Stellplätzen für Zelte. Mittlerweile ist auf 72 Hektar sehr viel Platz für etwa 500 Stellplätze inklusive den vielen Bungalows, die zur Hochsaison Juli/August gut belegt sind. Und trotzdem können hier wirklich alle die Ruhe in der Natur genießen.
Blick vom Pool auf die Kalksteinfelsen der Cèze-Schlucht
Der Volkssport Boule
Langeweile kann auch nicht aufkommen, wenn Ateliers kostenlos Workshops für französische Küche, Seidenmalerei, Töpferei oder Body-Painting veranstalten oder Animateure zu Spiel und Sport einladen. Man kann sich im Wellnesszentrum durchkneten lassen oder beim Volkssport Boule, ähnlich dem in Deutschland bekannten Boccia, die Kugeln durch die Luft fliegen lassen. Wöchentlich werden Turniere veranstaltet.
Vor einigen Jahren verkaufte Gaby die Anlage an den Multi-Konzern Capfun, der mehr als 180 Campingplätze in mehreren Ländern Europas unter seinem Dach vereint. Eines seiner Markenzeichen sind für die Familienurlauber riesige Kinder Bade-Paradiese mit großen Rutschen. Auch Sablière hat jetzt auf seinem Gelände die bunten Rutschen zu stehen.
Im verträumten Städtchen Barjac
Es gibt eine große Zahl an Ausflugszielen von Sablière. Der Fluss Cèze hat über Jahrhunderte eine tiefe Schlucht durch die Kalksteinfelsen der Region gegraben und dabei unzählige Grotten und Höhlen geformt. In Sichtweite des Camps, gleich auf der anderen Seite des Cèze, liegt die Salamanderhöhle, eine riesige mit Stalagmiten geschmückte Höhle. Sie wurde erst 1965 von Höhenforschern erkundet, 2011 begann die Erschließung und seit Sommer 2013 ist sie für alle zugänglich und hat bereits einige Tourismus-Auszeichnungen eingeheimst. Abenteuerlustige können sich auch in die Höhle abseilen oder mit dem Aeroplume – einer Art Luftschiff – völlig geräuschlos durch die Höhle schweben.
Nur ein knappes Dutzend Kilometer entfernt liegt das malerisch verträumte Barjac mit überwölbten Gassen und schmucken Natursteinhäusern aus dem 18. Jahrhundert.
Natursteinhäuser in Barjac
In der mittelalterlichen Burg des Dorfes La Bastide de Virac kann man im Museum der Seidenspinnerei alle Schritte der Herstellung der kostbaren Naturseide erleben, von der Zucht der Seidenraupen bis zur Verarbeitung der Seide. Im Lavendelmuseum in St. Remèze schnuppert man den Duft der Provence.
Domaine de Bélézy
Debby Boeynaems in der Domaine Bélézy
Mitten im Pinienwald in der Provence
Gut einhundert Kilometer mitten durch die Landschaft der Provence führt der Weg von Marseille zu der Domaine de Bélézy, nahe an dem Städtchen Bédoin zwischen dem Mont Ventoux und der Landschaft des Luberon. Hier befindet sich der Campingplatz Bélézy in einem großen Pinienwald. An der Rezeption empfängt die aus Belgien stammende Debby Boeynaems die Campinggäste von France 4 Naturisme.
Die Anlage ist mit 25 Hektar nicht so groß wie Sablière, aber die 150 Stellplätze und dazu 150 Bungalows sind auch hier perfekt separiert. Sie hält insgesamt 12 verschiedene Arten von Quartieren für die Gäste bereit.
Bungalow für Familien in Bélézy Safarizelte
Das beginnt mit kleinen Unterkünften, einer Art von Baumhaus für Fahrrad-Touristen, reicht über Safarizelte, Zigeunerwagen und große Familien-Bungalows bis zu einem Schlafsaal in einem Steinhaus. Hier gibt es wie in der Jugendherberge oder auf der Bergalm Schlafstellen für ein knappes Dutzend Gäste.
Die Doppelstockbetten des Schlafsaals sind so geschickt abgeteilt, dass sie auch etwas Privatsphäre bieten, nebenan liegt eine Gemeinschaftsküche. In der Hauptsaison kostet die Übernachtung 30 Euro und in der Nebensaison 21 Euro, ein günstiges Angebot für junge Leute. Für die Familienurlauber stehen eine große Zahl von geräumigen Bungalows mit mehreren Zimmern und einer Terrasse zur Verfügung.
Angebote für Familien
Im Jahr 1967 gegründet, hat die Anlage ihre Anziehungskraft behauptet und vergrößert. Gerade für Familien gibt es viele Angebote: Fantasievolle Spielplätze, einen kleinen Zoo mit Streicheltieren vom Kaninchen bis zu Schaf und Ziege, jede Menge Sportanlagen und natürlich Bade- und Schwimmbereiche mit drei beheizbaren großen Pools. Umgeben von Olivenbäumen und provenzalischen Gärten bietet sich beim FKK-Badespaß ein toller Blick auf das Panorama des Mont Ventoux, bekannt durch die Tour de France und seine spektakuläre steile Bergstraße.
Das große Becken bietet mit 750 Quadratmetern viel Platz zum Schwimmen. Im kleineren Pool kann Wassersport unter Anleitung erfahrener Schwimmmeister betrieben werden, wie zum Beispiel Synchronschwimmen, hier finden auch Tauch- und Schwimmkurse statt. Und in dem riesigen Nichtschwimmer-Becken hat auch der Konzern Capfun sein Erkennungszeichen hinterlassen, mit einer richtigen Burgenlandschaft aus bunten Türmchen, Wasser-Rutschen und Wasser-Kanonen, zur Freude der Kinder. Auch wenn einige Stammgäste der älteren Generation das eher mit skeptischem Blick ansehen, denn so ganz passt diese schrille farbenfrohe Welt nicht zur Idee des Naturismus.
Kinder-Plansch-Paradies mit vielen Rutschen in Bélézy
Wer in seinem Urlaub mal wieder ein gutes Buch zur Hand nehmen möchte, muss nicht sein Reisegepäck damit beschweren. Das Bélézy hat eine Bücherei, von den Leseratten liebevoll „béléziothèque“ genannt, mit einer breiten und mehrsprachigen Auswahl an Belletristik, Wissenschafts- und Kunstbüchern, Zeitschriften bis hin zu Comics. Bei mehr als 3000 Bänden sollte jeder fündig werden.
In Bélézy werden auch all jene voll auf ihre Kosten kommen, die eine künstlerische Ader haben, ob in Musik-Workshops oder im Maler-Atelier. Es gibt einen Chor und alle, die ein Instrument spielen können, finden sich zu temporären Musik-Ensembles zusammen. Das erarbeitete Repertoire wird jede Woche beim Freitags-Konzert zu Gehör gebracht. Im Freiluft-Atelier kann man Aquarelle malen oder sich beim Aktzeichnen versuchen.
Geschäftsführer Pascal Leclére
Für die Freiheit der Nacktheit
„Bei uns sollen die Urlauber eins werden mit der Natur. Und die wird durch die gemeinschaftliche Nacktheit geprägt“, ist sich Geschäftsführer Pascal Leclére sicher. Als erklärtes Ziel nennt er, „den Respekt für sich selbst, für die anderen und für die Umwelt zu fördern.“
Für den Geschäftsführer, vom Personal und dem Stammpublikum nur mit dem Spitznamen Coco gerufen, ist Respekt wie Toleranz der Schlüssel für das Lebensideal, Toleranz für die Freiheit der Nacktheit. „Hier bei uns Urlaub machen ‚ohne alles‘ – da sind alle gleich.“ Und Geschäftsführer Leclére findet, dass gerade diese Camping-Anlage Bélézy ein guter Platz ist, um Nacktheit im Urlaub mit Gleichgesinnten auszuprobieren.
Denn hier finden die Einsteiger einen überschaubaren Campingplatz mit durchgehend separaten Quartieren. Hier können die „Neuen“ erfahren, dass die Nacktheit in der Natur im Vergleich zu enganliegendem Outfit, Tangas oder einem großen Dekolleté weitaus weniger provokativ oder schamlos sein kann, so Leclére.
Blick auf Bédoin
Avignon
Besuchermagnet – die Brücke von Avignon
Das landwirtschaftliche geprägte Städtchen Bédoin ist nur einen Spaziergang entfernt vom Camp. Eine im 18. Jahrhundert gebaute Kirche im barocken Jesuitenstil prägt die Silhouette des Ortes. Er ist Ausgangspunkt für die anspruchsvolle Tour zum Mont Ventoux, entweder per Rad oder zu Fuß. Dabei sind 22 Kilometer Strecke und 1600 Höhenmeter zu überwinden und nur die ersten Kilometer schützt ein dichter Zedernwald vor der brennenden Sonne. Trotzdem nehmen jeden Tag Dutzende Biker diese Strapaze auf sich.
Die vielbesungene Brücke von Avignon
Von Bélézy aus können Ausflüge in die schönsten Ecken der Provence wie Arles und Nimes unternommen werden. Nur ein paar Dutzend Kilometer entfernt liegt Avignon, die Stadt der Päpste, die einen besonders schönen Palast hinterlassen haben.
Palast der Päpste in Avignon
Hier befindet sich auch die berühmte Brücke, die Pont Saint Bénézet, das zweite Wahrzeichen der Stadt. Wohl jeder hat schon das alte französische Kinderlied gehört, das die Brücke besingt:
Sur le pont d’Avignon,
On y danse, on y danse,
Sur le pont d’Avignon
On y danse tous en rond.
Der französische Komponist Adolphe Adam machte es durch seine Operette „Sur le Pont d’Avignon“ weltberühmt, und in der Fassung wird es auch heute noch gesungen. Mit der Uraufführung im Jahr 1899 trat es seinen Siegeszug um die Welt an und „hat damit mehr zu Ruhm und Ansehen der Stadt Avignon beigetragen als es jede Werbekampagne vermocht hätte“, heißt es im Touristenführer.
Die Brücke aus dem 12. Jahrhundert, die ursprünglich 22 Bögen hatte und beide Flussarme der Rhone überspannte, wurde durch Kriege und Hochwasser mehrfach zerstört, so dass sie 1660 endgültig aufgegeben wurde. Heute stehen noch vier Brückenbögen, die für einen Eintrittspreis von 5 EUR betreten werden können.
In den Weinbergen von Bélézy mit Blick auf den Mont Ventoux
Mit dem Buggy durch die Weinfelder
Sommertrüffel beim Camping auf der Speisekarte
Alle Naturisme Feriendörfer bieten ein umfangreiches Gästeprogramm. Hier in Bélézy kann beispielsweise eine Tour mit einem kleinen offenen Fahrzeug, dem Buggy, auf Schotter- und Sandwegen durch die umliegenden Weinfelder unternommen werden.
Die wilde Fahrt endet dann, wie kann es anders sein, mit einer Weinverkostung. Auf dem Weg weist der Winzer auf einen unscheinbaren Busch und versichert, dass dort an den Wurzeln mit Sicherheit Trüffel zu finden sind.
Der Tourist muss hier allerdings nicht graben, sondern kann sich im Restaurant vom Campingplatz auch für ein Gericht mit Sommertrüffeln entscheiden.
Wo gibt es schon auf der Speisekarte von Campingplätzen ein Trüffelgericht? Ganz klar: Nur in Frankreich in der Provence.
Über France 4 Naturisme: France 4 Naturisme ist der größte Anbieter von FKK-Urlaub in Frankreich. Die Gruppe bietet sieben Urlaubsziele an und steht für gesunde Freikörperkultur in familiärem Kontext. Die Feriendörfer liegen in den beliebtesten Urlaubsregionen: An der Atlantikküste, am Mittelmeer, im Herzen der Provence, in der Ardèche, auf Korsika und im Pariser Umland. Weitere Informationen finden Sie unter www.france4naturisme.com |