Mittwoch, November 13, 2024
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Raststättentest: Wenn Familien rasten – Außer Spesen nicht viel gewesen

ADAC-Raststättentest 2006

Die Kinder quengeln. Papa hat Durst. Mama muss auf die Toilette. Das Urlaubsziel aber liegt noch in weiter Ferne. Da naht Rettung: Noch drei Kilometer, dann kommt die nächste Rastanlage. Nichts wie runter von der Autobahn und rein ins Vergnügen. Dieses Vergnügen hält sich allerdings bei knapp zwei Drittel der 63 Rastanlagen im diesjährigen ADAC-Test in Grenzen. Keine Spielplätze, keine Picknickplätze, Wickeltische, die diesen Namen nicht verdienen, Toiletten, deren bloßer Anblick jedes Bedürfnis im Keim erstickt – und das Ganze zu überteuerten Preisen. Und so bewerteten die ADAC-Tester die Familienfreundlichkeit der Betriebe fünf Mal mit „mangelhaft“ und sage und schreibe 35 Mal mit „sehr mangelhaft“. Dass es auch anders geht, beweisen die neun Anlagen, die in punkto Familien mit dem Prädikat „sehr gut“ ausgezeichnet wurden. Darüber hinaus gab es zwei Mal die Note „gut“ und zwölf Testkandidaten schafften immerhin ein „ausreichend“.

Wohl dem, dessen Weg zum Beispiel in die deutsche Raststätte Fläming Ost führt, dem Gesamtsieger des Testjahrs 2006: Mitgebrachtes Essen kann man auf sicher angelegten Picknickplätzen zu sich nehmen, der Kinderspielplatz auf dem gepflegten Außengelände bietet attraktive Geräte zum Toben und Spielen, im Innenbereich gibt es eine liebevoll eingerichtete Spielecke samt Babystation, die mit Mikrowelle, Wasserkocher und Spielzeug ausgestattet ist. Selbstverständlich stehen Kinder-Hochstühle im Restaurant, und das Personal ist ausgesprochen kinderfreundlich. Im ansprechend gestalteten Babywickelraum warten Windeln, Pflegeprodukte, Papierrolle und Heizstrahler auf ihren Einsatz.

Oder die Raststätte Hüttener Berge Ost, ebenfalls in Deutschland. In einem kleinen Zoo lassen sich Tiere geduldig streicheln, im Tipi werden Indianerträume wach, ein Mini-Bagger macht aus Kindern eifrige Bauherren, ein Spaziergang durch den Waldgarten lässt Ruhe tanken, die Picknickplätze liegen im Wald auf einer Anhöhe. Weiter geht’s nach Österreich. Ein echtes Erlebnis: die Raststätte Mils mit ihrem Erholungs- und Abenteuerpark. Auf einem Schaubauernhof samt Forellenteich und Fischerhütte gibt’s viel zu entdecken und wer seine Fitness steigern will, kann sich Fahrräder ausleihen, die Wanderwege erkunden oder die Kneippanlage nutzen. Wasserspiele, ein großes Trampolin und ein Labyrinth bieten ausreichend Möglichkeiten zum Toben. Auf dem überdachten Marktplatz lässt sich gut bummeln, Picknickplätze gibt es in einer als Berghütte gestalteten Jausenstation. Gut tut auch der Massagestuhl im Innenbereich. Und für die ganz Kleinen gibt es eine Kinderkrippe, damit Mama und Papa vor dem Weiterfahren mal richtig durchschnaufen können. Als letztes Beispiel sei Heidiland in der Schweiz erwähnt. Neben dem großen Spielplatz gibt es hier eine Grünfläche zum Ballspielen, die Picknickplätze sind teilweise überdacht, und in der weiträumigen Spielecke im Inneren des Gebäudes wurde auch eine Krabbelecke samt Babystation eingerichtet, die der beim Testsieger Fläming Ost in nichts nachsteht. Zusätzlich zum liebevoll, unter anderem mit Feuchttüchern und Pflegeöl ausgestatteten Babywickelraum gibt es Wickeltische in jeder Toilette.

Erholung pur, wie sie sich eine Familie auf Reisen wünscht. Und so räumten diese vier Raststätten die volle Punktzahl in punkto Familienfreundlichkeit ab. Knapp dahinter liegt Montélimar West in Frankreich mit Liegestühlen, Waldlehrpfad, Kletterfelsen sowie zahlreichen anderen Fitnessgeräten und Freizeitangeboten. Ihr folgen, immer noch mit der Wertung sehr gut, Brohltal West, Bad Camberg West, Greding West und Inntal West, allesamt deutsche Raststätten mit dem vollen Programm, aber ohne zusätzliche Attraktionen für Familien wie etwa Streichelzoo oder Fitnesspfad. Gut schnitten die österreichische Raststätte Völkermarkt und die Schweizer Luzern Neuenkirch Ost ab.

Zurück nach Deutschland. Wo viel Licht, ist auch viel Schatten. Hier holten nicht nur sechs von 20 getesteten Raststätten die Bestnote, sondern auch sieben mit „sehr mangelhaft“ die schlechteste Wertung: Weiskirchen Nord, Hohenlohe Süd, Herleshausen Nord, Haidt Süd, Schauinsland West, Allgäuer Tor West und Samerberg Süd. Dazwischen liegen sieben Ausreichend. Das Ergebnis der 20 deutschen Autohöfe ist niederschmetternd. Schwarmstedt schnitt als bester Betrieb mit der Note „ausreichend“ ab. Immerhin gab es hier einen attraktiven Kinderspielplatz auf dem Außengelände, einen eigenen Babywickelraum und einen Kinder-Hochstuhl im Restaurant. Das war’s dann aber auch mit dem Angebot für Familien. Der Rest bekam mit drei „mangelhaft“ und 16 „sehr mangelhaft“ von den Testern die rote Karte.

In Österreich findet sich das gesamte Notenspektrum, in der Schweiz ist bis auf „mangelhaft“ ebenfalls jede Wertung vorhanden, Frankreich bleibt wenigstens von einem „sehr mangelhaft“ verschont. Ausschließlich die schlechteste Wertung holten sich die Betriebe im vermeintlich kinderfreundlichen Italien, in Tschechien und Ungarn. In Italien kennt man zum Beispiel keine Ruhebänke im Grünen, von Picknickplätzen ganz zu schweigen. In Tschechien und Ungarn findet man nicht einmal einfache Wickeltische. Null-Nummer im wahrsten Sinne des Wortes und absolutes Schlusslicht ist die tschechische Raststätte Strechov Süd, die in der Familien-Auswertung nicht einen einzigen Punkt verbuchen konnte.

Die häufigsten Mängel: Ansprechende Picknickplätze, an denen man mitgebrachte Speisen verzehren kann, gab es nur bei rund einem Drittel der getesteten Anlagen, Kinderspielplätze im Außenbereich lediglich bei knapp der Hälfte. Längst nicht überall sind sie allerdings auch attraktiv und abwechslungsreich. Ein Baby zu wickeln, ist zwar fast überall möglich, allerdings bei fast jeder zweiten Anlage nur auf einem Tisch ohne Auflage oder einem Wickeltisch in Behinderten-Toiletten oder Abstellkammern. Seltenheitswert haben zusätzliche Erholungseinrichtungen in der Außenanlage, zum Beispiel ein Fitnesspfad, oder im Inneren des Gebäudes, etwa ein Massagestuhl.

Ebenfalls wichtig für Familien: die Preise. Denn die Urlaubskasse soll ja nicht zu sehr strapaziert werden. Doch auch von der Preisfront gibt es nichts Gutes zu berichten. Etwas mehr als die Hälfte der Testkandidaten ließ sich ihre Dienste teuer oder gar sehr teuer bezahlen, darunter 14 deutsche Raststätten und vier Autohöfe. Nur jeweils drei Betriebe befanden unsere Tester als sehr preiswert oder preiswert. In einer mittleren Preisklasse bewegten sich 25 Anlagen. Am teuersten sind wie schon in den Vorjahren die Anlagen in der Schweiz, am billigsten die in Ungarn und Tschechien.

Zum Vergleich: Für unser Testmenü, bestehend aus kleinem Salat, Nudelgericht mittlerer Preisklasse, einer Tasse Kaffee, zuzüglich 0,3 Liter Wasser zahlten die ADAC-Tester in der Schweizer Raststätte Heidiland 20,33 Euro. Für dieses Geld kann man in der tschechischen Raststätte Strechov schon eine dreiköpfige Familie verpflegen: 6,39 Euro standen hier auf dem Kassenbon. Innerhalb Deutschlands schwankten die Preise zwischen 15,55 Euro in der Raststätte Hockenheim West und 8,85 Euro im Autohof Himmelkron. Noch eklatanter fallen die Unterschiede aus, wählt man statt des Nudel- ein Fleischgericht. Dann kostete das Testmenü im Schweizer Grauholz Nord 23,51 Euro, im tschechischen Šlovice nur mehr 4,39 Euro, in der Raststätte Greding West 16,65 Euro, im Autohof Hilpodrom 9,25 Euro (beide Deutschland). Ein ebenso krasses Preisgefälle ließ sich bei den Testkäufen in den Shops feststellen. Auffallend: In den italienischen Raststätten lässt sich äußerst günstig essen. Um die Shops sollte man allerdings einen großen Bogen machen, denn hier langen die Italiener kräftig zu.

SourcePM Onpra

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