Sonntag, Dezember 15, 2024
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Auf dem Broadway in Taschkent

Entdeckungstouren im Reiseland Usbekistan beginnen meist in der Hauptstadt

Wer in den mittelalterlichen Orient eintauchen will, hat mit dem Besuch von Usbekistan eine gute Wahl getroffen. Das islamisch geprägte Land mit einer Bevölkerung von 35 Millionen mitten in Zentralasien kann eine Vielzahl von Moscheen und Mausoleen präsentieren und der Besucher kann sich auf die Spuren einer uralten Zivilisation begeben.

Bei rund 300 Sonnentagen gibt es unter blauem Himmel mit blauen Kuppeln der Basare und Moscheen und mit dem Blauton der usbekischen Architektur eine sehr lange Reisesaison. Zugleich ist es ein spannendes Erlebnis, in der mehr als 30 Jahre unabhängigen Republik Usbekistan noch Relikte einer Kolonialisierung des Zaren-Russlands und der mehr als 70-jährigen Existenz als Sowjetrepublik zu entdecken.

Melange aus Mittelalter und Moderne

​Ein hervorragender Platz dafür ist die Hauptstadt Taschkent mit heute annähernd vier Millionen Einwohnern. Unmittelbar gelegen an der Handelsroute der Seidenstraße galt die Stadt in ihrer mehr als 2000-jährigen Geschichte immer als ein gewichtiger Handelsplatz. Hier ist diese Melange aus Denkmälern des Mittelalters mit islamischer Prägung, aus Moderne mit Hochhäusern chinesischer Bauunternehmen und der Tradition von neoklassizistischer Sowjet-Architektur eindrucksvoll zu erkennen.

In Taschkent sind 20 Hochschulen und viele Forschungseinrichtungen angesiedelt, aber auch eine Philharmonie, eine Oper und Theaterhäuser zu finden. Die schweren Erdbeben, die im Jahr 1966 vor allem in der Altstadt bei den alten einstöckigen Lehmbauten extreme Zerstörungen verursachten, führten zu neuer Stadtplanung mit mehrspurigen Straßen, weitläufigen Alleen und Parks und sogar zu Plattenbauten mit einmaliger Vielfalt und Design. Hier hätten sich die Architekten nicht nur aus Berlin Marzahn und Hellersdorf in Ostberlin, sondern auch aus dem Märkischen Viertel in Reinickendorf in Westberlin zusätzliche Anregungen holen können.

Das Heiligtum: ein altes Koran Exemplar von Kalif Osman

Erste Station eines Rundgangs durch die Stadt sollte der Hast-Imam Komplex sein. Er bedeutet „Heiliger Imam“ und ist einem Schutzpatron Taschkents aus dem 10. Jahrhundert gewidmet, der einen maßgeblicher Anteil an der Verbreitung des Islam in der Region hatte. Hier sind unterschiedliche Gebäude auf engem Platz vereinigt, zwei Moscheen, zwei Medresen, so heißen die Koranschulen, und eine Grabstelle, ein Mausoleum.

Hast-Imam Komplex in Taschkent. Foto: Dr. Ronald Keusch
Hast-Imam Komplex in Taschkent.
Foto: Dr. Ronald Keusch

Eine besondere Bedeutung hat die kleine Muji-Mubarak-Medrese im Zentrum der Anlage. Hier sind besonders wertvolle islamische Bücher und Schriften ausgestellt.

Muji-Mubarak Medrese mit wertvollen islamischen Schriften. Foto: Dr. Ronald Keusch
Muji-Mubarak Medrese mit wertvollen islamischen Schriften.
Foto: Dr. Ronald Keusch

Im Mittelpunkt steht ein Exemplar des originalen Koran von Kalif Osman aus dem siebenten Jahrhundert. Er ist der Hauptanziehungspunkt für Pilger wie Touristen und ist gut bewacht, und es gibt ein striktes Foto-Verbot.

Innenraum der Muji-Mubarak Medrese. Foto: Dr. Ronald Keusch
Innenraum der Muji-Mubarak Medrese.
Foto: Dr. Ronald Keusch

In der Hauptmoschee sind nur einige wenige Gläubige, die kleine Schar von Touristen ist in der Überzahl. In dem riesigen mit Teppichen ausgelegten Saal und einer mit vielen Ornamenten geschmückten Decke verlieren sich allerdings auch die Touristen.

In der Moschee. Foto: Dr. Ronald Keusch
In der Moschee.
Foto: Dr. Ronald Keusch

An einer Gebetsstelle stehen zwei riesige Ventilatoren und über einem heiligen Ornament thront eine Digitalanzeige, die die Gebetsstunde signalisiert – Islam digital.

Islam digital. Foto: Dr. Ronald Keusch
Islam digital.
Foto: Dr. Ronald Keusch

Toleranter Islam in Usbekistan

​„Wir sind kein islamisches Land, aber hier leben zu 90 Prozent Moslems“, so unser Reiseführer Utkir. Und seine Gegenfrage: Ist Deutschland ein christliches Land, weil ein Anteil von Katholiken und evangelischen Christen dort leben?

Blick in die Kuppel der Moschee. Foto: Dr. Ronald Keusch
Blick in die Kuppel der Moschee.
Foto: Dr. Ronald Keusch

Auch gebe es in Usbekistan eine Scharia, aber ohne streng ausgelegte Koran-Regeln, eben ein toleranter Islam. Es werden auch staatliche Hilfen für eine erstmalige Reise eines Moslems nach Mekka gewährt. Doch beim näheren Hinsehen trifft man schon im Alltagsleben auf den Straßen von Taschkent auf die für deutsche Touristen befremdlich wirkenden Regeln des Islam.

Basar-Läden im Imam-Komplex​. Foto: Dr. Ronald Keusch
Basar-Läden im Imam-Komplex​
Foto: Dr. Ronald Keusch

Homosexuelle dürfen nicht öffentlich ihre sexuelle Orientierung zeigen. Allerdings dürfen beispielsweise auch Unverheiratete nicht in der Öffentlichkeit Händchen haltend Spazieren gehen. Das ist nur verheirateten Paaren erlaubt. Dementsprechend darf es auch keinen Geschlechtsverkehr vor der Ehe geben und die Jungfräulichkeit der Braut wird streng kontrolliert.

Ausgestellte Bilder. Foto: Dr. Ronald Keusch
Ausgestellte Bilder.
Foto: Dr. Ronald Keusch

So ist es in den Ländern ein offenes Geheimnis, dass für Geld mit einem medizinischen Eingriff bei der Frau der Status der Jungfräulichkeit wieder hergestellt wird.

Taschkent Verhaltensregeln in der Moschee. Foto: Dr. Ronald Keusch
Taschkent Verhaltensregeln in der Moschee.
Foto: Dr. Ronald Keusch

Auch der Weg zur Gleichberechtigung der Frau im Berufsleben ist im Vergleich zur westlichen Welt noch weit, Frauen in Führungspositionen eher Fehlanzeige.

Bild - Die Augen unverhüllt. Foto: Dr. Ronald Keusch
Bild – Die Augen unverhüllt.
Foto: Dr. Ronald Keusch

Für manchen Besucher ist es wiederum überraschend, dass auf diesem heilig religiösen Grund und Boden ein Markt mit zwei Dutzend Souvenirläden eingerichtet ist. Wo viele Touristen unterwegs sind, da ist auch viel zu verkaufen.

Wandelhallen im Park der Unabhängigkeit. Foto: Dr. Ronald Keusch
Wandelhallen im Park der Unabhängigkeit.
Foto: Dr. Ronald Keusch

Ewige Flamme für unbekannten Soldaten

Nächste Station ist auf dem Unabhängigkeitsplatz (früher Leninplatz) das Denkmal der Mutter des Landes, die ihr Kind, das Volk der Usbeken, liebevoll und schützend im Arm hält. Hier brennt auch die ewige Flamme für den unbekannten Soldaten. Viele junge Usbeken kämpften im Zweiten Weltkrieg mit hohem Blutzoll in den Reihen der sowjetischen Armee. Das Denkmal steht in einem gepflegten großen Park mit Wandelhallen und Blumenrabatten, der gern von Einwohnern wie Touristen besucht wird.

Monument der trauernden Mutter Heimat. Foto: Dr. Ronald Keusch
Monument der trauernden Mutter Heimat.
Foto: Dr. Ronald Keusch

Vor dem Park sind moderne Hochhäuser gewachsen. Hier stehen auch der Ezgulik Bogen und das Monument für die Unabhängigkeit des Landes, ein Granitobelisk mit einer Kugel mit dem Umrissen Usbekistans.

Ezgulik-Bogen, dahinter das Denkmal zur Unabhängigkeit des Landes. Foto: Dr. Ronald Keusch
Ezgulik-Bogen, dahinter das Denkmal zur Unabhängigkeit des Landes.
Foto: Dr. Ronald Keusch

Daneben ist der Hochhausneubau des Finanzministeriums errichtet. Die Währung in Usbekistan ist der Sum, der Umrechnungskurs ist ca. 1:12.000, d.h. ein Euro sind 12.000 Sum. Es gibt Banknoten von 1 Sum bis maximal 100.000 Sum, man hat also ständig eine Menge Papiergeld in der Tasche. Und Sum-Münzen gibt es auch noch.

Denkmal Amir Timur auf dem Amir-Timur-Platz. Foto: Dr. Ronald Keusch
Denkmal Amir Timur auf dem Amir-Timur-Platz.
Foto: Dr. Ronald Keusch

​Imposanter, mit viel mehr Besuchern und ein beliebtes Fotomotiv, dazu Anstellen nicht vergessen, ist das große Denkmal von Amir Timur, dem gekrönten Helden aller Generationen der Usbeken aus dem 14. Jahrhundert. Amir Timur, auch Tamerlan genannt, gehört zweifellos in die Reihe solcher uneingeschränkten Herrscher und berühmten Feldherren wie Dschingis Khan oder Alexander dem Großen. Hier hoch zu Ross zeigt Timur ohne große Worte, welchen herausragenden Platz er in der Geschichte des Landes innehat, dank seiner Feldzüge und der prächtigen Bauten in seiner damaligen Hauptstadt Samarkand.

Entspanntes Bummeln auf dem Taschkenter Broadway

Entspanntes Bummeln auf dem Taschkenter Broadway: Foto: Dr. Ronald Keusch
Entspanntes Bummeln auf dem Taschkenter Broadway:
Foto: Dr. Ronald Keusch

Das pralle und bunte Leben auch an einem Werktag zum Feierabend und Schulschluss spielt sich in Taschkent auf dem Boulevard Sayilgoh ab, von den Einheimischen auch Broadway genannt. Der Boulevard führt vom Unabhängigkeitsplatz einige hundert Meter bis zum Amir-Timur-Platz mit dem Reiterstandbild. Der berühmte Herrscher hat seit dem Ende als Sowjetrepublik und dem Beginn der Unabhängigkeit das Stadtbild als Namensgeber von Parks, Plätzen und Alleen zurückerobert. Unzählige Buden, Straßen-Musiker, kleine Cafés und Imbiss-Stände säumen den Weg.

Das Opernhaus Alisher Navoi

Das Opernhaus Alisher Navoi. Foto: Dr. Ronald Keusch
Das Opernhaus Alisher Navoi.
Foto: Dr. Ronald Keusch

Ein weiterer Hingucker auf dem Spaziergang im Zentrum rund um den Opernplatz ist Romanovs Palace. Er wurde im Jahr 1891 von einem russischen Großfürsten der Romanovs, der bei Hofe in St. Petersburg in Ungnade gefallen war, im Stil eines Jagdhauses errichtet. Gewissermaßen eine architektonische Pretiose aus der russischen Zarenzeit. In Zeiten der Sowjetrepublik diente es zeitweise als Haus für junge Pioniere. Heute wird das Publikum auf Abstand gehalten und das frühere Jagdhaus ist leider nur durch einen schmiedeeisernen Zaun zu sehen und zu fotografieren, aber nicht zu besichtigen.

Sehenswert auch das Bolschoj Theater namens Alisher Navoi. Das „Große Theater“ ist ein Opernhaus mit herausragender künstlerischer Qualität und kleinen Ticketpreisen und muss den Vergleich mit seinem Namensvetter in Moskau nicht scheuen. Umgerechnet kosten die teuersten Plätze zwischen drei und sechs Dollar. Schöner Gruß an die drei Opernhäuser zu Hause in Berlin.

Metro-Stationen mit orientalischen Ornamenten

Nicht vergessen werden sollte bei einem Besuch die Taschkenter Untergrundbahn, die hier wie in Russland auch Metro genannt wird. Sie wurde 1977 in Zeiten der Sowjetunion eröffnet. Wenn Reisebücher darüber berichten, wird oft das 2200jährige Jubiläum der Stadtgründung, welches Taschkent im Jahr 2009 beging, als Anlass für den U-Bahn-Bau genannt.

Aber es ist viel unpoetischer. Taschkent hatte nach dem großen Erdbeben mit neuer Stadt- und Verkehrsplanung begonnen und außerdem die Einwohnergrenze von einer Million überschritten. Die Regelungen in der damaligen Sowjetunion sahen vor, in so einem Fall eine Metro zur Bewältigung des Nahverkehrs zu schaffen. Trotz der Umbenennung der Bahnhofsnamen nach der Unabhängigkeit, sind in Taschkent wie in Moskau oder Petersburg die Bahnhöfe als „Paläste des Volkes“ ausgestaltet und stellen einfach eine Sehenswürdigkeit für sich dar.

Metro in Taschkent. Foto: Dr. Ronald Keusch
Metro in Taschkent.
Foto: Dr. Ronald Keusch

Hier in der Hauptstadt Usbekistans sind die U-Bahn-Stationen mit viel orientalischem Schmuck und Stuck versehen. Für insgesamt 29 Stationen in vier Linien kostet das Ticket in der Landeswährung 1400 Sum, umgerechnet 12 Cent in Euro-Währung. Dank der auch sehr preiswerten Tarife für Taxis – umgerechnet zwischen ein und zwei Euro – hat der Tourist viele bequeme preiswerte Alternativen, um die Stadt zu erkunden.

Mit 230 km/h auf der Seidenstraße entlang

Der Hochgeschwindigkeitszug Afrosiab. Foto: Dr. Ronald Keusch
Der Hochgeschwindigkeitszug Afrosiab.
Foto: Dr. Ronald Keusch

Wer von Taschkent der Seidenstraße folgend, ins Land reist, kann das nicht allein auf einer gut ausgebauten Straße, sondern auch auf dem Schienenweg. Vom Hauptbahnhof in Taschkent fährt in der Hauptsaison morgens und abends der komfortable spanische Hochgeschwindigkeitszug Afrosiab nach Buchara mit zwei Zwischenstopps.

Mit Spitzengeschwindigkeit von 230 km/h benötigt der Zug für die 600 Kilometer Strecke drei Stunden und 40 Minuten. Alles ist im Zug gut sortiert. Wie im Flugzeug gib es eine Platzkartenpflicht, es gibt eine Business- und eine Economyclass mit dem Service eines kostenlosen Getränks und eines kleinen Snacks. Darüber hinaus werden regelmäßig während der Fahrt zu moderaten Preisen weitere Erfrischungs- und heiße Getränke angeboten. Auch so kann Zugfahren funktionieren – durchaus ein Tipp für DB-Manager und ihre oft gefrusteten Bahnkunden.

Weltkultur in Buchara: Kalon Moschee und Kalon Minarett

Weltkultur in Buchara: Kalon Moschee und Kalon Minarett. Foto: Dr. Ronald Keusch
Weltkultur in Buchara: Kalon Moschee und Kalon Minarett.
Foto: Dr. Ronald Keusch

​Romantik gekoppelt mit Faszination und orientalischer Exotik pur hat Usbekistan in der Welt berühmt gemacht. Taschkent, das ausgebaute Handelsstädtchen, ist nur das Vorzimmer für die Kulturschätze des Landes, die den Reisenden in Buchara und Samarkand erwarten und die er ausgiebig bestaunen kann. Und die er auf der Route der Seidenstraße bequem mit der Eisenbahn erreicht.

Weltkultur in Samarkand: Registan-Platz mit drei Medressen

Weltkultur in Samarkand: Registan-Platz mit drei Medressen. Foto: Dr. Ronald Keusch
Weltkultur in Samarkand: Registan-Platz mit drei Medressen.
Foto: Dr. Ronald Keusch

Die Reise wurde organisiert und durchgeführt von der französischen Organisation ACTED und dem usbekischen Reiseverband APTA. Finanziert wurde sie vom Projekt der europäischen Union „Silk Road CBT Initiative: Connecting Central Asian Community-Based Tourism and European Markets“ im Rahmen des Programms „Central Asia Invest V“.

S.E. Botschafter von Usbekistan Nabijon Kasimov mit Stefan Fritsche Verlager Adeba.de in der Botschaft von Usbekistan in Berlin
S.E. Botschafter von Usbekistan Nabijon Kasimov mit Stefan Fritsche Verleger Adeba.de
Botschaft von Usbekistan in Berlin

> Familienurlaub in Usbekistan – Geheimtipp mit orientalischem Flair


Dr. Ronald Keusch (Reisejournalist)
Dr. Ronald Keusch (Reisejournalist)
Dr. Ronald Keusch, der langjährige Wissenschaft Journalist beschäftigt sich seit 20 Jahren verstärkt mit den Themen Reisen und Tourismus. Die wichtigsten Medien für seine Reiseberichte aus Europa und weltweit sind die online Magazine: chexx.de ; Weltreisender.net ; cre-aktiv.com ; ctour.de ; reisetravel.eu ; berliner.umschau.de ; Sein eigener Blog ist https://www.keusch-reisezeiten.de/ Ronald Keusch ist Mitglied des JournalistenVerbandes Berlin (DJV) und Mitglied des Vorstandes des Clubs der Reisejournalisten CTOUR Berlin Brandenburg. Er lebt und arbeitet in Berlin.

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