„Der Gesundheitsminister warnt: Rauchen gefährdet Ihre Gesundheit!“ ist auf jeder Zigarettenschachtel zu lesen. Leider wird auch heute noch diese Warnung von vielen nicht ernst genommen. Jeder weiß um die Auswirkungen des Rauchens. Sie sind wie das Rauchen selbst zum Teil schon so sehr zur Gewohnheit geworden, daß sie nicht einmal mehr als abnorm empfunden werden.
Rauchen gefährdet Ihre Gesundheit
Dahinter steht z.B. die Erkenntnis, daß Rauchen die wesentlichste Einzelursache für Krebs überhaupt ist. Das Risiko, im mittleren Alter einen Herzinfarkt zu erleiden, ist bei Rauchern fünfmal so hoch wie bei Nichtrauchern.
Für Raucher von täglich mehr als 20 Zigaretten steigt im Vergleich zu Nichtrauchern das Risiko für einen Schlaganfall um das 4,6fache. Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums fallen hierzulande mindestens 70.000 Menschen jährlich ihrer Rauchleidenschaft zum Opfer.
Besondere Risiken für Frauen
Für Frauen gibt es weitere Risiken des Rauchens: So haben Zigarettenraucherinnen eine reduzierte Fruchtbarkeit [1]. Eine Untersuchung von über 4000 Frauen in zehn europäischen Ländern ergab, daß der Zigarettenkonsum bei Frauen schon die empfängnisbereite Eizelle schädigt.
So müssen Raucherinnen, die sich ein Kind wünschen, um die Hälfte länger auf eine Empfängnis warten als Nichtraucherinnen. Die Abnahme der weiblichen Fruchtbarkeit ist ab einem Zigarettenkonsum von einer halben Packung pro Tag messbar [2]. Eingeatmete Giftstoffe aus dem Zigarettenrauch reichern sich über die Blutbahn in der Gebärmutterschleimhaut an und behindern so die Einnistung der befruchteten Eizelle.
Mit einem deutlich erhöhten Risiko des Brust- und Gebärmutterhalskrebses ist bei Raucherinnen außerdem zu rechnen. Aufgrund des Einflusses von Nikotin auf den Hormonhaushalt kann nicht ausgeschlossen werden, daß bei Raucherinnen die Wechseljahre früher einsetzen.
Nicht nur das Rauchen der Mutter kann ein Baby schädigen. Während Mütter vor allem während der Schwangerschaft nicht rauchen sollten, beeinflußt das väterliche Rauchen das Gesundheitsrisiko für den Nachwuchs erheblich früher:
Rauchen kann offenbar die Samenzellen so schädigen, daß die Krebsgefahr für die Kinder um 40% steigt. Zu diesem Ergebnis kamen Forscher der University of Birmingham, die die Lebensgewohnheiten von 1549 Elternpaare untersucht haben, deren Kind am Krebs erkrankt war [17].
Schädigung des Erbgutes durch das Rauchen der Väter
Rauchen in der Familie
Eine Untersuchung des ehemaligen Bundesgesundheitsamtes in Berlin ergab, daß in Deutschland mehr als die Hälfte der Kinder unter 15 Jahren in einem Haushalt aufwachsen, in dem geraucht wird. Wenn beide Eltern rauchen, müssen die Kinder im Durchschnitt täglich den Rauch von zwei Zigarettenschachteln einatmen [3].
Gesundheitsschäden durch Passivrauchen
Für alle zu dieser Thematik forschenden Wissenschaftler ist die Gesundheitsschädlichkeit des Passivrauchens unumstritten.
Bereits 1976 lagen genügen wissenschaftliche Befunde vor, um die Durchsetzung eines Rauchverbotes am Arbeitsplatz als Aufgaben mit höchster gesundheitlicher Priorität zu formulieren [4].
Passivrauchen in der Schwangerschaft
Der schutzbedürftigste Passivraucher ist zweifellos der Embryo. Obwohl er im Mutterleib noch nicht atmen kann, bekommt er beim Rauchen seiner Mutter die über ihre Lunge aufgenommenen Schadstoffe in großer Konzentration ab.
Diese Schadstoffe gehen über die Nabelschnur und die Plazenta nachweislich in den Kreislauf des Kindes über [4]. Es kommt zu deutlichen Kreislaufreaktionen des Ungeborenen.
Gefäßschäden an der Nabelschnur und der Plazenta
Diese Gefäßschäden sind leider irreversibel, können also selbst nach späterem Verzicht der Mutter auf das Rauchen nicht wieder zurückgebildet werden. Deswegen kann rauchenden Paaren mit Kinderwunsch nur empfohlen werden, sich schon vor der Schwangerschaft vom Rauchen zu entwöhnen [3].
Der Mutterkuchen (Plazenta) rauchender Frauen verkalkt vorzeitig, was eine Ernährungsfunktion für das Ungeborene sehr einschränken kann.
Schadstoffe der Mutter belasten das Ungeborene
Während die Schwangere eine Zigarette raucht, erhöht sich der Pulsschlag des Föten, die Durchblutung der Plazenta ändert sich abrupt, und das Ungeborene bewegt sich heftig [6],[7]. Bereits nach zwanzig Minuten hat das Ungeborene die gleiche Nikotinkonzentration im Blut wie die Mutter.
Der Pulsschlag des Kindes steigt bei zunehmenden Blutdruck um etwa 15 Schläge pro Minute. Die Schadstoffe, die die Mutter durch das Rauchen aufnimmt, wirken aber auf das Ungeborene noch wesentlich stärker als auf den mütterlichen Körper, da die Entgiftungsfunktion der kindlichen Leber noch nicht entwickelt ist.
„Eine Zigarette für die Mutter sind zwei für den Feten.“
Dies hat nachweisbar fatale Folgen: Rauchende Mütter haben ein deutlich erhöhtes Risiko, ein untergewichtiges Kind zu gebären [8],[9],[10]
Raucherinnen haben häufiger Geburtskomplikationen
Rauchen während der Schwangerschaft schadet nicht nur dem ungeborenen Kind. Auch die Raucherin selbst hat im Vergleich zu Nichtraucherinnen erheblich mehr Komplikationen bei der Geburt zu erwarten. Das berichten Dr. Guirgis und seine Kollegen am St. Marys Hospital in Portsmouth in Großbritannien [11]. So wurde der Verlauf von 400 Entbindungen bei Nichtraucherinnen und Raucherinnen verglichen.
In der Gruppe der Nichtraucherinnen wurde 21mal mit einem Kaiserschnitt entbunden (= 5 %), bei den Raucherinnen waren es 46 Kaiserschnittentbindungen (= 11%). Behandlungsbedürftige Nachgeburtsblutungen hatten insgesamt 17 Mütter aus der Nichtrauchergruppe und 29 aus der Rauchergruppe [12]. Auch das Risiko einer Placenta praevia (einer vor dem Muttermund liegenden Plazenta), einer Eileiterschwangerschaft, einem vorzeitigen Blasensprung und einer Abruptio (sich plötzlich von der Gebärmutter ablösenden Plazenta) bei Raucherinnen ist deutlich höher. Schwangere, die mehr als 15 Zigaretten pro Tag rauchen, haben ein doppelt so hohes Frühgeburtsrisiko.
Experten schätzen, daß die Zahl der Totgeburten in Deutschland um 5% gesenkt werden könnte, wenn die Eltern nicht rauchen würden [13],[14],[15].
Das Rauchen der Mutter verdoppelt das Risiko des Plötzlichen Säuglingstodes
Rauchen ist ein gravierender, bislang jedoch stark unterschätzter Risikofaktor für den Plötzlichen Säuglingstod. In 39 großen Studien konnte weltweit gezeigt werden, daß durch das Passivrauchen des Säuglings vor und nach der Geburt mit einer Verdreifachung des Risikos, am Plötzlichen Säuglingstod zu sterben, gerechnet werden muß ist.
Selbst wenn nur der Vater raucht, ist das Risiko noch doppelt so hoch [16]. Zwar ist die Ursache dafür, daß gesunde Säuglinge plötzlich aufhören zu atmen, noch nicht gefunden, dennoch wurden durch weltweite Studien Faktoren gefunden, die das Risiko für Babies, am Plötzlichen Säuglingstod zu sterben, beeinflussen. Hierzu gehört die Bauchlage, der Verzicht auf Stillen, die Überwärmung des Kindes während des Schlafens, aber auch das Rauchen der Eltern.
Das Rauchen der Mutter potenziert die Bedeutung anderer Risikofaktoren wie Bauchlage [18], Frühgeburtlichkeit [19], Schlafen des Kindes im elterlichen Bett [20] und mütterliche Anämie [20]. Hat ein Säugling eine zu lange Atempause, so sollte eine Aufwachreaktion des Kindes eintreten, die dazu führt, daß das Kind wieder atmet.
Diese lebensrettende Aufwachreaktion ist unter Nikotineinfluß deutlich abgeschwächt [26]. Raucht die Mutter mehr als 20 Zigaretten täglich, steigt das Risiko des Plötzlichen Säuglingstodes rapide an: Es ist dann mindestens siebenmal höher als für ein Kind einer nicht rauchenden Schwangeren.
Folgen des Passivrauchens bei Säuglingen, Klein- und Schulkindern
Der schädliche Einfluß des Passivrauchens der Eltern auf Kinder ist nicht nur auf die Zeit der Schwangerschaft beschränkt. Säuglinge können sich noch nicht dem Zigarettenrauch der Eltern entziehen.
Dies zeigte z.B. die Untersuchung von 295 Kindern im Alter bis zu 11 Jahren am Zentrum für Kinderheilkunde der Universität Magdeburg im Jahre 1995. Bei 84 % aller Säuglinge und Kleinkinder, die in einer Kinderklinik aufgenommen wurden, konnten Nikotinabbauprodukte (Cotinin, Hydroxycotinin) im Blut nachgewiesen werden [22].
Kinder, die jünger als 5 Jahre waren, hatten doppelt so hohe Konzentrationen als ältere Kinder (193 nmol/l bzw. 86 nmol/l)[23]. Bei jedem achten Kind war die Konzentration der Schadstoffe im Blut genauso groß wie bei aktiven Rauchern (500-1800 mol/l) [24],[25].
Atemwegserkrankungen bei Kindern durch das Rauchen der Eltern
Daß Kinder rauchender Eltern häufiger unter Bronchitis und Pseudokrupp leiden, ist durch mehrere Untersuchungen belegt worden.Eine Studie der Dermatologischen Uniklinik München hat außerdem ergeben, daß Kinder von Raucherinnen besonders stark gefährdet sind, Allergien zu entwickeln.
Es besteht – in Hunderten von Studien belegt – ein kausaler Zusammenhang zwischen elterlichem Rauchen und Erkrankungen der unteren Atemwege [22], Mittelohrentzündung [23] und Asthma [24]: In den USA sterben jedes Jahr etwa 360 Kinder an Atemwegserkrankungen, die mit Rauchen in Verbindung stehen. Bis zu 2.2 Millionen Mittelohrentzündungen, 21000 Mandeloperationen, 529000 Arztbesuche wegen Asthma, 2 Millionen Besuche wegen Husten, 436000 Bronchitiden und 190000 Lungenentzündungen jährlich gehen auf das Konto des passiven Rauchens [24].
Kinder, die Tabakrauch ausgesetzt sind, haben ein höheres Risiko, im Erwachsenenalter an Lungenkrebs zu erkranken [27]. Babies von Müttern, die in der Schwangerschaft rauchen, zeigen schon erste Anzeichen von Asthma, bevor sie einen einzigen verrauchten Atemzug getan haben.
Bei der Untersuchung von über 400 Neugeborenen stellte sich beim Lungenfunktionstest im Schlaf des Babies heraus, daß etwa jedes vierte Kind Anzeichen einer verminderten Lungenfunktion aufweist. Der Atemzug dieser Kinder von rauchenden Müttern war schwächer als der anderer Kinder [28]
Nehmen Sie Rücksicht auf Kinder!
Es kommt immer noch vor, daß Eltern belächelt werden, die darauf bestehen, daß in der Umgebung ihres Babies nicht geraucht wird.
Wir möchten (werdenden) Eltern entsprechende Hintergrundinformationen an die Hand geben. Vielleicht läßt sich so die eine oder andere Familie überzeugen, während und nach der Schwangerschaft und in der Umgebung von Babies nicht zu rauchen.
Sichern Sie sich die Lebensqualität Ihrer Familie!
Kaum eine andere gesundheitsbezogene Einzelmaßnahme kann mehr Menschenleben retten, mehr Krankheiten verhüten helfen als der Verzicht auf das Rauchen. Nicht zu rauchen bedeutet, ein Stück Lebensqualität zu sichern – für Sie, aber auch für Ihre Kinder.
Quellennachweis:
[1] Rauchen – mehrfaches Schwangerschaftsrsiko, Priv.-Doz. Dr. med. J.M. Wenderlein, Universitäts-Frauenklinik Erlangen; Ärztliche Praxis XXX. Jahrgang Nr. 94
[2] Bolumar F et al: Smoking reduces fecundity: A european multicenter study on infertility and subfecundity. Am J Epidemiol 1996; 134: 578
[3] Jürgen Lessat in Das Beste aus Reader\’s Digest, Dezember 1996
[4] Sonderdruck aus Sozialpädiatrie in der Pädiatrie für Praxis und Klinik 16, Nr. 10, 597-601 (1994)
[5] Medical Tribune, Nr. 42: World Smoking & Health, 1980
[6] Graca LM, Cardoso CG, Clode N, et al.: Acute effects of maternal cigarette smoking on fetal heart rate and fetal body movements felt by the mother. J Perinal Med 1991; 19 (5): 385
[7] Morrow RJ, Ritchie JW, Bull SB: Maternal cigarette smoking: the effects on umbilical and uterine blood flow velocity. Am J Obstet Gynecol 1988; 159 (5): 1069
[8] O\’Callaghan MJ, Harvey JM, Tudehope DI, et al.: Aetiology and classification of small for gestational age infants. J Pediatr Child Health 1997; 33 (3): 213
[9] Rondo PH, Abbott R, Rodrigues LC, et al.: The influence of maternal nutritional factors on intrauterine growth retardation in Brazil. Pediatr Perinat Epidemiol 1997; 11(2): 152
[10] Larsen T, Greisen G, Petersen S: Intrauterine growth correlation to postnatal growth – influence of risk factors and complications in pregnancy. Early Hum Dev 1997; 47 (2): 157
[11] J Obstetr Gynaecol 1997; 17: 149
[12] Ärzte Zeitung vom 20.06.97
[13] Aleixo-Neto A.: Smoking effects on pregnancy. Rev Saude Publica 1990; 24 (5): 420
[14] Andres RL.: The association of cigarette smoking with placenta previa and abruptio placentae. Semin Perinatol 1996; 20 (2): 154
[15] Ananth CV, Savitz DA, Luther ER: Maternal cigarette smoking as a risk factor for placental abruption, placenta praevia, and uterine bleeding in pregnancy. Am J Epidemiol 1996; 144 (9): 881
[16] Anderson HR, Cook DG. Passive smoking and sudden infant death syndrome: review of the epidemiological experience. Thorax 1997 Nov.; 52 (11): 1003-1009.
[17] MSNBC, 18.12.96
[18] Øyen N, Markestad T, Skjaerven R, et al. Combined effects of sleeping position and prenatal risk factors in sudden infant death syndrome: the Nordic Epidemiological SIDS Study. Pediatrics 1997; 100 (4): 613
[19] Schellscheidt J, Øyen N, Jorch G. Interactions between maternal smoking and other prenatal risk factors for sudden infant death syndrome (SIDS). Acta Pædiatr 1997; 86 (8): 857
[20] Mitchell EA, Tuohy PG, Brunt JM. Risk factors for sudden infant death syndrome following the prevention campaign in New Zealand: a prospective study. Pediatrics 1997; 100 (5): 835
[21] Poets CF, Schlaud M, Kleemann WJ, et al. Sudden infant death and maternal cigarette smoking: results from the Lower Saxony Perinatal Working Group. Eur J Pediatr 199; 154 (4): 326
[22] Strachan DP, Cook DG. Health effects of passive smoking. 1.Parental smoking and lower respiratory illness in infancy and early childhood. Thorax 1997; 52 (10): 905
[23] Charlton A.: Children and passive smoking: a review. J Fam Prac Mar; 38 (3): 267 – 277.
[24] DiFranza JR, Lew RA.: Morbidity and mortality in children associated with the use of tobacco products by other people: Pediatrics. 1996 Apr; 97 (4): 560 – 568.
[25] Active and passive tobacco exposure: a serious health problem. A statement from the Committee on Atherosclerosis and Hypertension in Children, Council on Cardiovascular Disease in the Young, American Heart Association. Circulation 1994; 90 (5): 2581
[26] Lewis KW, Bosque EM. Deficient hypoxia awakening response in infants of smoking mothers: possible relationship to sudden infant death syndrome. J Pediatr 1995; 127 (5): 691
[27] Active and passive tobacco exposure: a serious health problem. A statement from the Committee on Atherosclerosis and Hypertension in Children, Council on Cardiovascular Disease in the Young, American Heart Association. Circulation. 1994 Nov.; 90 (5): 2581 – 2590.
[28] Stick SM et al: Lancet 1996; 348: 1060
Autoren: Klinik für Allgemeine Pädiatrie und Neonatologie am Zentrum für Kinderheilkunde der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg und Prof. Dr. med. Gerhard Jorch unter wissenschaftlicher Mitarbeit von Dr. rer. nat. E. Köhler und Dr. med. Jörn Schellscheidt
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