Der Begriff „Kindesentwicklung“ ist heute definiert als jene kontinuierliche Veränderung, die mit einer Verbesserung und Zunahme der motorischen, emotionalen, intellektuellen, sozialen und kreativen Fähigkeiten einhergeht. Alle Eltern wollen naturgemäß ihren aktiven Beitrag zu dieser positiven Entwicklung durch Förderung ihrer Kinder leisten. Damit können sie sogar sehr früh beginnen, wenn sie das höchst effektive Instrument des Malens dazu einsetzen, denn Malen fördert das räumliche Denken in Strukturen und somit die intellektuellen Fähigkeiten des Kindes insgesamt. Darüber hinaus ist Malen als „erste komplexe Sprache“ zu verstehen, mit deren Hilfe das Kind, in der Hoffnung verstanden zu werden, mit seinen Eltern kommuniziert, um seine tiefe Bindung zu ihnen aufbauen zu können.
Welche Fähigkeiten werden durch Malen gefördert?
Malen ist ein Prozess, während dessen das Kind immerzu konzentriert neue Entscheidungen zu treffen hat. Dieser Vorgang lässt sich mit dem Begriff Kreativität sehr gut zusammenfassen. Je mehr das Kind dabei seine Fantasie freilaufen lassen kann, desto größer ist das Maß an Kreativität. Da Kinder so realistisch wie möglich malen wollen, zwingen sie sich selbst immer wieder dazu, ihre Grobmotorik einer kritischen Prüfung zu unterziehen, um schließlich eine bemerkenswerte Feinmotorik daraus zu entwickeln.
Die permanente Interaktion zwischen den Händen und dem Augen-Verstand-System ist ein Basisverhalten, das wir in allen Bereichen des Lebens zur Perfektion bringen müssen, denken wir zum Beispiel an das Schreiben, Notenlesen und Musizieren oder auch an viele handwerkliche Tätigkeiten. Es sind oftmals nur wenige Striche, die aus einem Bild ein Wegwerfprodukt oder ein Meisterwerk machen. Das merken durchaus unsere Kinder und bemühen sich daher um eine ruhige Hand und klare Linienführung. In der Schule wird ihnen dies zum Vorteil gereichen, denn mit einer sauberen, aufgeräumten Schrift lassen sich Rechtschreib- oder Rechenfehler viel schneller erkennen und korrigieren.
Realistisches Malen bedeutet vor allem, die Größenverhältnisse der abzubildenden dreidimensionalen Objekte so genau wie möglich in die zweidimensionale Bildfläche zu übertragen. In diesem Zuge sind zugleich mehrere Aufgaben zu bewältigen, die das zunächst noch nicht vorhandene Abstraktionsvermögen des Kindes auf den Plan rufen. Das malende Kind beobachtet seine Umwelt aufmerksam und konzentriert, beides wesentliche Basisübungen für eine nachhaltig gute intellektuelle Entwicklung.
Das Bild als Schaufenster in die Kinderseele
Das Kind zu fragen, was es da gerade malt, ist immer ein sehr guter Einstieg in ein vertrauensvolles Gespräch mit seinem Kind. Zugleich entwickelt das Kind parallel zum Malen sozusagen spielerisch seine verbale Kommunikationsfähigkeit (Eloquenz) und lobende Worte über das Bild tragen ganz enorm zur Stärkung des Selbstbewusstseins des Kindes bei. Wenn konstruktive Kritik wohlgefällig und diplomatisch formuliert wird, kann sie ein wichtiger Impuls zur Verbesserung der künstlerischen Fähigkeit sein.
Kleinkinder können sich verbal noch nicht ausreichend äußern. Wohl aber können sie in ihren Bildern schon recht klar ausdrücken, was sie sehen, fühlen, empfinden und erleben. Kinderzeichnungen sind so gesehen wie ein Logbuch, das uns vor allem auch Auskunft über ihre Ängste gibt. Bevor Sie also die Kunstwerke Ihres Kindes entsorgen, nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diese eingehend zu betrachten. So ein Bild kann Ihnen nämlich einen wichtigen Hinweis geben, beispielsweise über eine Situation innerhalb der Familie, die das empfindsame Gemüt des Kindes schwer belastet. Dies ist der Grund dafür, dass Malen immer wieder zu therapeutischen Zwecken eingesetzt wird, nicht nur bei Kindern übrigens.
Im Alter zwischen zwei und fünf Jahren leiden viele Kinder unter erdrückend beängstigenden Albträumen. Diese Situation lässt sich einfach und erfolgreich durch Malen therapieren, indem dem sich wiederholenden Albtraum ein abschließendes und zugleich entschärfendes beziehungsweise verharmlosendes Bild gewidmet wird, das einen positiven oder sogar lustigen Ausgang des Traums vorgibt.
Malen Sie regelmäßig gemeinsam mit Ihrem Kind
Die gemeinsame kreative Stunde vermittelt dem Kind, dass Sie Freude daran empfinden, zusammen mit ihm etwas zu machen. Die verstandene Botschaft ist dann: Ihr Kind ist es Ihnen wert, dass Sie sich Zeit für das Zusammensein nehmen. Dies befördert die Eltern-Kind-Bindung und damit die psychische Entwicklung des Kindes. „Aber ich kann ja gar nicht malen“, das ist absolut kein Argument dafür, es nicht zu tun. Auch Sie können ganz sicher Ihre Gefühle für Ihr Kind in herzerweichenden Bildern ausdrücken.
Gut geeignete Materialen zum gemeinsamen Malen finden Sie zum Beispiel hier:
Auf Ihre persönlichen Erfahrungen und Erkenntnisse darüber sind wir natürlich sehr gespannt, sagen Sie uns Ihre Meinung:
Malen Forum
Sehr gut geschriebener Artikel, der von Sachverstand und Einfühlungsvermögen zeugt. Auf das es eine echte Anregung für Eltern sei.
Danke schön. Du hast Recht. Dieser Text wurde von einem echten weiblichen Profi verfasst.