Eine aktuelle Großstudie [1] hat erneut bestätigt, was zuvor bereits in zahlreichen Untersuchungen beobachtet wurde: Weder zwischen dem Verzehr von Fast Food noch von Obst und Gemüse besteht ein belastbarer Zusammenhang mit dem Körpergewicht von Kindern und Jugendlichen.
Insgesamt sind die Korrelationen mutmaßlicher Risikofaktoren für kindliches Übergewicht so schwach, dass daraus keine Maßnahmen zur öffentlichen Gesundheitsförderung abgeleitet werden können, so das Fazit der Wissenschaftler der Universitäten Auckland und Otago (Neuseeland). Für die aktuelle Studie wurden die Daten von fast 66.000 Kindern (6-7 Jahre) und 190.000 Jugendlichen (13-14 Jahre) aus 35 Ländern ausgewertet – dabei offenbarten sich, wie in der Ernährungsforschung üblich, überraschende Ergebnisse.
So war beispielsweise der Fast Food-Verzehr bei Jugendlichen mit einem niedrigen BMI assoziiert, genauso wie der Konsum von Nüssen. Eine starke körperliche Aktivität hingegen stand mit einem höheren BMI in Verbindung. Beim Konsum von Obst, Gemüse und Hülsenfrüchten konnten die Forscher keinen Zusammenhang beobachten. „Diese Studie reiht sich nahtlos in eine Forschungs-Phalanx ein, die seit Jahren stets die gleichen Beobachtungen liefert:
Es ist absolut unklar, welches Essen Kinder dick oder dünn, krank oder gesund werden lässt“, erklärt Ernährungswissenschaftler und Buchautor [2] Uwe Knop. Es werde auch niemals geklärt werden können, denn dazu sei die Ernährungsforschung aufgrund massiver Limitierungen nicht in der Lage [3]. „Die Einteilung in gesunde und ungesunde Lebensmittel, in Dickmacher und Schlankhalter ist genauso belastbar als würden Sie in einer Glaskugel lesen.“
Auch die Ergebnisse von zwei weiteren neuen Publikationen unterstreichen das ökotrophologische Universalcredo „Nichts Genaues weiß man nicht“: So korrelierte der Verzehr von „freiem Zucker“ (nach WHO-Definition, umfasst u.a. zugesetzten Zucker) nicht mit dem BMI australischer Kinder und Jugendlicher [4].
Die Autoren der University of Hongkong empfehlen: Anstatt sich auf eine einzelne Energiequelle zu fokussieren solle man sich im Kampf gegen juvenile Adipositas besser auf die Gesamtheit der Nahrungsqualität konzentrieren. Genau das haben Forscherkollegen der University of Tokyo getan – mit folgendem Ergebnis:
Der Einfluss der Nahrungsqualität (nach FSA-Definition [Food Standards Agency]) auf die juvenile Adipositas des britischen Nachwuchses ist unklar [5].
Zahlreiche Studien bestätigen aktuelle Universitäts-Forschung
Fast zeitgleich hatten 2017 zwei Publikationen aus den USA [6] und Wales [7] unabhängig voneinander das gleiche Ergebnis geliefert: Zwischen dem Körpergewicht von Kindern und der Ernährungsweise existiert kein statistisch relevanter Zusammenhang. Die Forscher untersuchten dazu den Konsum sowohl von gezuckerten Softdrinks, Süßigkeiten, Fast Food als auch von Obst und Gemüse.
„In beiden Studien konnte keine signifikante Korrelation zwischen kindlicher Fettleibigkeit und Ernährung gefunden werden“, so Knop. „Bereits diese Studien bestätigten zahlreiche zuvor erschienene Publikationen [u.a. 8,9,10] und verdeutlichten erneut:
Die von Ernährungsideologen propagierte Angstformel `Limo, Süßigkeiten und Fastfood machen Kinder dick´ ist aus wissenschaftlicher Sicht nicht im Geringsten haltbar – es existieren noch nicht einmal konsistente Korrelationen (statistische Zusammenhänge), geschweige denn Kausalitäten (Ursache-Wirkung-Belege).“
Wie komplex und vielschichtig die Zusammenhänge zwischen Kindergewicht und Lebensstilfaktoren sind, das erläutert Diplom-Ökotrophologe Knop in seinem Buch „Kind, iss was .. dir schmeckt! Die wissenschaftliche Abrechnung mit gesunder Kinderernährung“, das seit August 2017 erhältlich ist [2].
Auf Basis der aktuellen Studienlage vermittelt der Autor, leicht verständlich, nicht nur elementares Basiswissen zur „Glaskugel Ernährungswissenschaft, die keine Beweise liefern kann“, er räumt auch radikal auf mit den Mythen zu „gesunder Kinderernährung“ und Märchen zur „Generation dicker Kinder“.
Sein Buch richtet sich an (Groß-) Eltern, KITA- und Schulverantwortliche, Ernährungsberater und alle, die sich objektiv und ideologiefrei für das Wesentliche bei der Ernährung von Kindern und Jugendlichen interessieren: „Den Kindern muss ihr Essen richtig gut schmecken und sie sollten sich genussvoll und abwechslungsreich satt essen können – alles andere ist aus wissenschaftlicher Sicht unwichtig“, resümiert Knop.
Quellen:
- [1] Mitchell EA et al. (2018) Factors associated with body mass index in children and adolescents: An international cross-sectional study. PLoS ONE 13(5) (( „Although many variables may influence BMI in childhood, the putative factors studied are not of sufficient magnitude to support major public health interventions. // „Unexpectedly, eating fast food in this age group [adolescents] was associated with a lower BMI.“ // „Eating vegetables, fruit and pulses were not associated with BMI.“ // „Eating nuts was associated with a lower BMI.“)
- [2] Kind, iss was … dir schmeckt! Die wissenschaftliche Abrechnung mit den Märchen zu gesunder Kinderernährung, Plassen-Verlag, Erscheint am 31. August 2017; € 12,99 [D] / 13,40 [A]; ISBN: 978- 3-86470-505-2 | Journalisten können ein Rezensionsexemplar bei Felicitas Kraus anfordern via E-Mail bei [email protected]
- [3] Ernährungswissenschaftliche Hintergrundinfos zur „bemitleidenswerten Lage“ der Ökotrophologie (Zusammenstellung von Expertenzitaten, die den aktuellen Studienstatus zum ökotrophologischen Universalcredo „Nichts Genaues weiß man nicht“ vollumfänglich unterstreichen), Februar 2018
- [4] Wong T et al. (2018) The direct and indirect associations of usual free sugar intake on BMI z-scores of Australian children and adolescents. Eur J Clin Nutr. 2018 Mar 28. (( „We concluded that free sugar intake was not associated with BMI z-score in this cohort. Instead of focusing on a single energy source in the diet, improving the quality of the whole diet may be a better approach in tackling childhood obesity.“)
- [5] Murakami K (2018) Associations between nutritional quality of meals and snacks assessed by the Food Standards Agency nutrient profiling system and overall diet quality and adiposity measures in British children and adolescents. Nutrition May;49:57-65. (( „… whereas no consistent associations were observed with regard to adiposity measures.“)
- [6] Jackson S, Cunningham A (2017); The stability of children’s weight status over time, and the role of television, physical activity, and diet. Preventive Medicine; Volume 100, July 2017, Pages 229-234 (( „Across all ages, physical activity and dietary choices were not significantly associated with subsequent BMI z-score.“ 4.938 children from Kindergarten to 8th grade, nationally representative cohort from the US ))
- [7] Beynon C, Fone D (2017); Risk factors for childhood obesity: a data analysis of the Welsh Health Survey. Nursing Children and Young People; 29, 6, 38- 44.Published in print: 10 July 2017 (( „This study suggests that there are risk factors for childhood obesity which are more important than consumption of unhealthy food and sugar-sweetened drinks.“ 11.279 children aged 4-15 years ))
- [8] Gasser CE et al., Confectionery consumption and overweight, obesity, and related outcomes in children and adolescents: a systematic review and metaanalysis. Am J Clin Nutr. 2016 May; 103(5):1344-56 (( “Instead of overweight and obese children and adolescents having higher confectionery intakes, this review shows the reverse effect. Interventions may need to focus on dietary elements other than confectionery to tackle obesity.” ))
- [9] Braithwaite I et al., Fast-food consumption and body mass index in children and adolescents: an international cross-sectional study; BMJ-Open 2014;4: e005813 (( “The reverse association [more fast-food=lower BMI] observed in adolescents should be interpreted with caution.” ))
- [10] Keller A et al., Sugar-Sweetened Beverages and Obesity among Children and Adolescents: A Review of Systematic Literature Reviews; Child Obes. 2015 Aug; 11 (4): 338-46 (( “However, recent evidence from well-conducted meta-analyses shows discrepant results regarding the association between SSB and weight gain, overweight, and obesity among children and adolescents.” ))
Anmerkung: Dieser Text stammt vom Autor und muss nicht die Meinung von Adeba präsentieren.