Donnerstag, Oktober 31, 2024
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Brief eines Neugeborenen an seine Eltern

...zum nachdenken

Liebe Eltern,

ich komme zu euch als ein kleines, unreifes Wesen mit der mir ganz eigenen Persönlichkeit. Ich bin nur kurze Zeit bei euch – genießt mich.

1. Nehmt euch Zeit herauszufinden, wer ich bin, wie ich mich von euch unterscheide und was ich euch geben kann.

2. Bitte gebt mir Nahrung, wenn ich hungrig bin. In Deinem Bauch, Mama, habe ich keinen Hunger gekannt und Zeit und Uhren sind mir noch fremd.

3. Bitte haltet mich nah an eurem Körper, liebkost mich, streichelt mich, küßt mich, erzählt mit mir. In Deinem Bauch, Mama, fühlte ich mich auch immer getragen und ganz nah bei Dir. Ich war da nie allein.

4. Ich hoffe, ihr seid nicht zu enttäuscht, wenn ich nicht das perfekte Baby Eurer Träume und Hoffnungen bin. Seid auch nachsichtig und großzügig mit euch selbst, wenn ihr nicht die perfekten Eltern seid, die ihr so gerne wärt.

5. Erwartet nicht zuviel von mir neugeborenem Baby, und erwartet auch nicht zuviel von euch als Eltern. Gebt uns beiden sechs Wochen – sozusagen als Geburtsgeschenk. Sechs Wochen für mich, daß ich reifen kann, mich stabilisiere und meinen Rhythmus finde und sechs Wochen für euch, wieder allmählich zu euch zu kommen und mich in euer Leben zu integrieren.

6. Bitte vergebt mir, wenn ich viel weine. Habt Geduld mit mir: mit der Zeit werde ich immer weniger weinen und euch mit meiner Gesellschaft erfreuen.

7. Achtet gut auf mich – schaut mir aufmerksam zu, denn ich kann euch auch ohne Worte sagen, was ich brauche, wie ihr mich trösten könnt und was mich zufrieden macht. Ich bin wirklich kein Tyrann, der zu euch gekommen ist, um euch euer Leben zu vermiesen. Aber der einzige Weg, wie ich euch momentan zu verstehen geben kann, daß mir etwas fehlt, ist Weinen.

8. Bitte denkt daran, daß ich ganz schön zäh und widerstandsfähig bin. Ich kann schon viele Fehler aushalten, die ihr anfangs aufgrund eurer Unerfahrenheit natürlicherweise machen werdet. Solange ihr mich lieb habt, kann eigentlich gar nichts schief gehen.

9. Bitte achtet auch auf euch. Seht zu, daß ihr euch ausgewogen ernährt und genügend Ruhe und Bewegung bekommt, damit ihr euch in den Zeiten, in denen wir zusammen sind, gesund und kräftig fühlt. Versucht, zwischen „unwichtig“ und „wichtig“ zu unterscheiden, seht die Dinge etwas gelassener – dann könnt ihr mich viel besser genießen.

10. Und bitte hegt und pflegt auch eure Beziehung zueinander, weil diese mein Nährboden ist und mir zeigt, wie man Menschen lieben kann.

Wenn ich auch momentan euer Leben ein bisschen durcheinandergebracht habe, so denkt daran, daß dies nur vorübergehend ist.

Ich danke euch beiden.

Euer Kind

(Verfasser unbekannt)

Autor: AM

https://magazin.adeba.de/gedanken-gedichte-und-geschichten-literarische-ecke/

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