Innerhalb eines Jahres konsumieren in Deutschland 11 Prozent aller Frauen im Alter zwischen 18 und 34 Jahren Cannabis. Diese Zahl hat der Europäische Drogenbericht, herausgegeben von der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EBDD), 2019 bekannt gemacht. „Wir wissen nicht, wieviele Frauen mit dem Haschisch-Rauchen aufhören, wenn sie schwanger werden“, so Dr. med. Christian Albring, Präsident des Berufsverbandes der Frauenärzte und niedergelassener Frauenarzt in Hannover. „Vielfach wird Cannabis für eine harmlose Droge gehalten, weshalb zu befürchten ist, dass Schwangere häufig weiter Haschisch rauchen, weil sie denken, dass das dem Baby nicht schadet. Aber das ist falsch.“
Cannabis macht, wie Dr. Albring betont, nicht nur die Schwangere ‚high‘. Es wirkt auch auf das Gehirn des Ungeborenen. Denn der wichtigste Bestandteil der Droge, das Tetrahydrocannabinol (THC), wird durch den Mutterkuchen, die Plazenta, nur zum Teil zurückgehalten. „Da das Gehirn des ungeborenen Babys sich von Tag zu Tag weiter entwickelt, wirkt Cannabis genau wie Alkohol nicht einfach nur als Droge, sondern als Gift“, erläutert der Frauenarzt.
„Es gibt sehr deutliche Hinweise darauf, dass sich die Funktionsweise des kindlichen Gehirns dauerhaft verändert, wenn die Mutter während der Schwangerschaft Cannabis konsumiert hat, und zwar unabhängig vom Nikotin und den anderen Giftstoffen, die beim Marihuana-Rauchen mit inhaliert werden. Die Veränderungen des Gehirns ließen sich in einer großen Studie aus den Niederlanden sogar noch bei sechsjährigen Kindern im MRT feststellen.“
„Genau wie beim Rauchen und beim Alkohol dürfte das Aufhören denjenigen Frauen leichter fallen, die ohnehin nur ganz selten von der Droge Gebrauch machen“, so der Frauenarzt. „Viel schwerer fällt es Frauen, die legale oder illegale Drogen regelmäßig und in größeren Mengen konsumieren, und glauben ohne den ‚Stoff‘ ihren Alltag nicht bewältigen zu können.
Wir müssen diesen Schwangeren dringend raten, mit ihrer Frauenärztin oder ihrem Frauenarzt zu sprechen und sich professionelle Hilfe zu holen. Wenn der Partner dieselben Suchtstoffe konsumiert, sollte er sich mit anschließen. Sucht und Schwangerschaft, ebenso wie Sucht und Elternsein, passen nicht zusammen. Wenn ein Kind durch die Droge im Mutterleib krank und lebenslang in seinem Verhalten und seinem Lernen verändert und beeinträchtigt ist, wird es für die Abhängige umso schwieriger, ihren normalen Alltag in den Griff zu bekommen.“
Quellen:
European Drug Report 2019. European Monitoring Centre for Drugs and Drug Addiction, Juni 2019. Daten aus Deutschland:http://www.emcdda.europa.eu/countries/drug-reports/2019/germany_en
Marijuana use during pregnancy and lactation. Committee Opinion No. 722, 2017. American College of Obstetricians and Gynecologists. Obstet Gynecol 2017;130:e205–9. https://www.acog.org/Clinical-Guidance-and-Publications/Committee-Opinions/Committee-on-Obstetric-Practice/Marijuana-Use-During-Pregnancy-and-Lactation
ACOG: Understanding Pregnant Women’s Beliefs and Attitudes About Marijuana in Colorado. Burks, A et al. Obstetrics & Gynecology: May 2016 – Volume 127 – Issue – p 106S. doi: 10.1097/01.AOG.0000483439.92187.6f https://journals.lww.com/greenjournal/Abstract/2016/05001/Understanding_Pregnant_Women_s_Beliefs_and.368.aspx
Hanan EM et al. Prenatal Cannabis and Tobacco Exposure in Relation to Brain Morphology: A Prospective Neuroimaging Study in Young Children. Biol. Psych. 2016(79) 12, 971–979 DOI: https://doi.org/10.1016/j.biopsych.2015.08.024 https://www.biologicalpsychiatryjournal.com/article/S0006-3223(15)00692-7/abstract