Die Nachgeburt, der Mutterkuchen oder die Plazenta meinen alle dasselbe. Ist das nur „Müll“, was dem Kinde folgt, oder vielleicht eine wertvolle „Rohstoffquelle“? Tatsächlich wird die Plazenta durch das Klinikpersonal nach der Entbindung in die Krankenhausverbrennungsanlage verbracht. Es ist der Mutter aber erlaubt, den Anspruch auf ihr Eigentum geltend zu machen.
Mit Blick auf den Mutterkuchen gab und gibt es auf dieser Welt viele Bräuche und Rituale. In Sibirien zum Beispiel wird sie dem jakutischen Vater „zum Fraß vorgeworfen“. Die Inuit trocknen die Nachgeburt und gereichen dem Kind davon seine erste Speise. Auch zu späteren besonderen Anlässen darf das Kind davon naschen.
Im westafrikanischen Guinea wird die Plazenta in einem Topf in ein Erdloch gestellt. Wenn das Kind in den ersten Tagen viel weint oder sich nicht gut entwickelt, knetet die Mutter die Plazenta, was dem Kind Kraft verleihen soll. Wozu auch Du Deine Plazenta gebrauchen könntest, soll hier kurz skizziert werden.
Was ist überhaupt die Plazenta?
Bei der Plazenta einschließlich der Eihäute handelt es sich fast ausschließlich um kindliches Gewebe. Sowohl der Embryo als auch die Plazenta sind das genetische Produkt beider Eltern. Gegen Ende der Schwangerschaft hat die scheibenförmige Plazenta einen Durchmesser von bis zu 30 Zentimetern bei einer Dicke von zwei bis vier Zentimetern und einem Gewicht von ungefähr einem halben Kilogramm.
Die zum Kind gerichtete Seite sieht eher glatt und glänzend aus, während die mütterliche Seite schwammig anmutet und durchaus mit der Leber verwechselt werden könnte. Die Blutgefäße sind auf der kindlichen Seite so verästelt, dass die Plazenta auch ganz romantisch oder philosophisch als Baum des Lebens bezeichnet wird.
So wird die Plazenta in einigen Kulturkreisen wie ein Zwilling des Babys geehrt, wenn sie einige Minuten nach dem Baby ebenfalls geboren wird. Es kann aber mal eine ganze Stunde dauern, bis der Mutterkuchen hinterherkommt. Viele Hebammen sind ein wenig abergläubisch und gratulieren der Mutter erst, nachdem auch die Plazenta gekommen ist.
Der Mutterkuchen gehört Mutter Erde
Immer mehr Eltern lassen sich die Plazenta aushändigen, um zum Beispiel im eigenen Garten darauf einen Lebensbaum zu pflanzen. Völkerkundler wissen zu berichten, dass die Plazenta seit vielen Tausend Jahren in den verschiedenen Kulturen besondere Ehrungen erfuhr. Die Nachgeburtsbestattung wurde im Alten Ägypten in ganz ähnlicher Weise zelebriert wie bei den Aborigines in Australien, denn zu allen Zeiten gab es Menschen, die daran glaubten, dass ein Anteil unserer Seele in der Plazenta verbleibt, woraus sich verschiedene Formen der rituellen Beisetzung der Nachgeburt entwickelt haben.
Plazentophagie – die Tiere machen es uns vor
Mit Plazentophagie ist der Verzehr der Plazenta, ob nun roh oder in zubereiteter Form, gemeint. Abgeschaut haben sich die Menschen dieses Verhalten einst von den Tieren. Man kann wohl davon ausgehen, dass eine Katze oder eine Hündin die Sache ganz pragmatisch sieht, denn sie spürt, dass die Geburt soeben ziemlich anstrengend war und dass der Mutterkuchen durchaus Restwerte an Vital- und Mineralstoffen enthält, die sie schnell wieder auf die Beine bringen.
Wir Menschen mystifizieren dagegen viele Sachverhalte und schreiben dem Verzehr der Plazenta zu, dass dadurch die Rückbildung der Gebärmutter gefördert wird oder eine Wochenbettdepression vermieden werden kann. In der Tat enthält der Mutterkuchen viel Eisen und Vitamin B, aber eben auch einige Schadstoffe, denn dieses temporäre Organ fungierte unter anderem als Filter, der das Kind vor Vergiftung schützen sollte. Es muss also niemanden wundern, wenn einem nach dem Verzehr etwas übel wird, was sich gewiss ebenfalls trefflich mystifizieren lässt.
Mit der Plazenta den Körper pflegen
Beginnend Anfang der 1960er Jahre waren ungefähr 20 Jahre lang Kosmetikprodukte mit Plazentasubstanz modern, denn für viele Leute war es naheliegend, dass die enthaltenen Wachstumshormone eine verjüngende Wirkung entfalten müssten. Die älteren Leserinnen werden sich vielleicht noch an die Cremes mit den bezeichnenden Namen Hormocenta oder Placentubex erinnern.
Als in den 1980er Jahren die HIV-Diagnose einem Todesurteil gleichkam, verschwanden solche „blutigen Produkte“ sogleich vollständig vom Markt. Doch die Plazenta kam wieder, denn im Jahre 2010 waren zum Beispiel Gesichtsmasken aus den Stoffen der Plazenta ein echter Hype.
Homöopathisches aus der Plazenta
Du kannst Dir aus Deinem eigenen Mutterkuchen Globuli herstellen lassen, die zu den sogenannten Plazentanosoden gehören. Sie können Deinem Kind einmal auf homöopathischem Wege gute Dienste erweisen. Bei weiterem Interesse hilft Dir auch der Bereich Naturheilkunde auf Adeba.de.
Das Blut aus der Nabelschnur enthält Stammzellen
Das Blut aus der Nabelschnur kann heute tiefgefroren beliebig lange aufbewahrt werden. Falls dies einmal erforderlich werden sollte, zum Beispiel bei einer Leukämie, hast Du damit eine lebensrettende Quelle für Stammzellen. Weitreichend bekannt ist, dass die dafür so wichtigen Stammzellen aus Knochenmark gewonnen werden können. Aber das Nabelschnurblut ist ebenso gut dafür geeignet, ohne dass sich dafür jemand einer Operation unterziehen muss. Du kannst Dein Nabelschnurblut auch einer nicht kommerziellen Blutbank spenden, um so einem anderen Menschen möglicherweise das Leben zu retten.
Die Abgabe und Speicherung des Nabelschnurblutes erfordert aber einige Organisation im Vorfeld der Geburt. Bedenke dabei, dass die wichtigen Stammzellen insbesondere während der ersten Minuten nach der Geburt von der Plazenta zu Deinem Kind driften. Die Nabelschnurblutspende macht nur dann Sinn, wenn die Abnabelung ganz unmittelbar nach der Geburt erfolgt. Doch damit gelangen weniger Stammzellen zu Deinem Kind.
Bei der Lotusgeburt bleibt die Plazenta dem Baby erhalten
Meistens erfolgt eine sogenannte Lotusgeburt eher in esoterisch angehauchten Kreisen. Dabei geht es darum, dass das Kind nach der Entbindung erst einmal mit seiner Plazenta verbunden bleibt, und zwar solange, bis diese von ganz allein abfällt. Das kann drei bis zehn Tage dauern. Wer diesem Ritual folgt, äußert meistens die Ansicht, dass diese Form der natürlichen Abnabelung für das Baby weniger traumatisch ist.
Bei der Lotusgeburt wäscht die Hebamme zunächst die Plazenta, um sie sogleich in ein Tuch zu betten. Danach wird die Plazenta sogar mehrmals am Tag mit Salz bestreut sowie mit Kräutern und ätherischen Ölen eingerieben, was der Konservierung dienen soll. Unterschätze aber nicht die damit verbundene Infektionsgefahr für das Kind. Aus diesem Grunde gibt es auch kaum Kliniken, die die Lotusgeburt anbieten.
Fazit: Heute wie früher gibt es viele Bräuche und Rituale rund um den Mutterkuchen. Die Entscheidung darüber, dem einen oder anderen zu folgen, bleibt wohl jedem selbst überlassen und das ist auch gut so.
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