Die Region in Zentral-Asien ist derzeit den meisten Touristen wie auch vielen Reiseveranstaltern nur wenig bekannt. Doch das ist unbegründet. Eine Gruppe von Tourismus-Managern aus Europa, viele von ihnen aus Deutschland, und einige Reisejournalisten machten sich Mitte Mai dieses Jahres auf den Weg, um für ihre Kunden und Leser Abhilfe zu schaffen.
Gerade Usbekistan mit seiner Hauptstadt Taschkent und seinen exotischen Prachtbauten und das Nachbarland Tadshikistan mit der Hauptstadt Duschanbe und mit seinen Naturschönheiten der Superlative bieten sich per se als Reiseland an.
Tourismus-Messe in Taschkent
Erste Station der Informations-Tour, finanziert von der EU und organisiert unter anderem von dem usbekischen Reiseverband APTA, war die Tourismus-Messe in Taschkent im Hilton-Hotel. Die Messe wurde von privaten Tourismus-Organisationen und vom Tourismus-Ministerium veranstaltet.
Eröffnet wurde sie vom stellvertretenden Ministerpräsidenten und Tourismus-Minister Aziz Abdukhakimov und darin zeigte sich, wie wichtig das Tourismus-Thema für die Regierenden in Usbekistan ist. Nach Jahren der Stagnation begann sich durch die Politik der Reformen und der Öffnung durch den neuen Präsidenten Mirziyoyev, der Tourismus auch mit Europa besser zu entwickeln.
„Im Jahr 2018 wurde für insgesamt 120 Ländern, darunter auch alle EU-Länder die visafreie Einreise eingeführt. Für weitere 50 Länder war zudem das Visa sehr leicht zu erhalten. Das war der Durchbruch“, erklärt Frank Ludwig, Experte beim usbekischen Tourismusverband APTA. Die Zahlen stiegen von 1,2 auf mehr als 6 Millionen Besucher. Dann kamen die internationalen Maßnahmen zur Corona-Pandemie und der Absturz der Tourismuszahlen auch in Usbekistan. Nun der mühevolle Neubeginn mit viel Optimismus.
Frank Ludwig: „Es fehlt immer noch eine effektiv organisierte Vermarktung, die auch vor Ort in Ländern mit den Zielgruppen einsetzt, also in China, Frankreich oder Deutschland mit PR-Maßnahmen wie beispielsweise einer Road-Show.“ Außerdem sollte man anstreben, die klassischen Städtereisen nach Buchara und Samarkand mit ländlichen Regionen in Usbekistan zu verbinden.
Aber da fehle es noch oft an Infrastruktur und an online-Angeboten und Web-Seiten, die darüber informieren, was es überhaupt gibt. „Bei einer Reihe von ländlichen Quartieren muss auch ein Mindest-Standard für Europäer stimmen, beispielsweise bei sanitären Bedingungen.“
Gästehaus, wo früher der Emir seinen Tee trank
Zu den Ausstellern auf der eintägigen Tourismus-Messe in Taschkent gehörte auch das Guest House „Koh-i-noor“ von dem jungen Ehepaar Sabina und Jaxongir Tursunov in Buchara. „Unser Haus wurde 1745 errichtet und diente früher auch als ein Tee-Haus für den Emir“, erzählt Sabina.
„Wir sind die vierte Generation hier im Haus und haben für unsere Gäste insgesamt sieben Zimmer, auch Familienzimmer, eine Gemeinschaftslounge und eine Bar.“ Und dann fügt sie noch lächelnd hinzu, dass alle Zimmer nicht nur einen Balkon haben.
Sie sind alle auch mit einem Flachbild-Sat-TV bestückt, ihr Entgegenkommen an den Zeitgeschmack. Gesprochen werden im Haus, Englisch, Farsi, Russisch und Türkisch. Und ein Blick auf ihre Website und die Gäste-Bewertungen zeigt, was den Touristen aus aller Welt besonders wichtig ist, das traditionsreiche freundliche Heim wie auch die Nähe zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt Buchara.
Adresse: Koh-I-Noor Hotel – Bukhara
Chorminor, 7, Bukhara,
Uzbekistan, 200100
Tel: +998 91 400 35 04
Viel Exotik und keine lange Anreise
Die Vertreter der deutschen Tourismusbranche auf der Informations-Tour haben sich gleich in den Reigen der Aussteller eingereiht, um beim Speed-Dating an kleinen Messe-Tischen erste Kontakte zu knüpfen und Informationen auszutauschen. Dazu gehörte Susanne Stöttner vom Lufthansa City Center Reisebüro Hogger aus Freilassing aus Oberbayern.
Für die Reisespezialistin ist es realistisch, Usbekistan wie andere Ziele in Zentralasien verstärkt ihren Kunden anzubieten und auf den Geschmack bringen. „Hier wird mit unkomplizierter nicht so langer Anreise über Istanbul viel Exotik geboten. Und außerdem sind diese Ziele an der Seidenstraße visafrei zu erreichen und die Angebote preislich sehr attraktiv.“
In gleicher Weise sehen das ihre beiden Kolleginnen Katharina Matern von Via-Verde- Reisen aus Bonn und Elisa Stoll der Agentur Travel to nature aus Heitersheim bei Freiburg. Ihr Kundenkreis interessiert sich für nachhaltiges Reisen, besonders für Wander- und Kulturreisen, in denen sie auch die Menschen vor Ort kennenlernen. Sie haben besonders Kulturreisen nach Buchara und Samarkand im Blick, kombiniert mit Reisen in ländliche Regionen.
Kulturreisen kombinieren mit Bergtouren
Zur Delegation aus der Tourismus-Branche gehört auch Alexios Passalidis von der Agentur Elbrus Reisen. Der im Südkaukasus geborene Passalidis mit griechischen Vorfahren lebt seit langer Zeit in Potsdam. Hier organisiert der gelernte Reiseverkehrskaufmann, Bergführer und Skilehrer für seine Gäste Bergbesteigungen und Trekking im Kaukasus, Zentralasien und Sibirien.
Alexey, wie ihn auch seine Freunde und Partner nennen, ist derzeit gezwungen, sein Programm auf russischem Gebiet umzubauen und es in die Nachbarländer auszudehnen. Kulturreisen in Usbekistan und Bergtouren im Fann-Gebirge und im Pamir in Tadshikistan werden sein Angebot bereichern.
Zentralasien mit sehr viel Potential
Ein prominentes Mitglied der deutschen Reisebranche bei der Informationstour ist Jochen Szech. Er ist Geschäftsführer von GO EAST Reisen Hamburg und seit sieben Jahren Präsident der Allianz selbständiger Reiseunternehmen (asr). Sie vertritt die Interessen des Mittelstandes in der Reiseindustrie in Deutschland und erreicht neben den 500 Mitgliedsunternehmen insgesamt 3500 Reisebüros und Reiseveranstalter.
Zu dieser Allianz gehören keine Konzerne, allerdings auch große Mittelständler wie der Familienbetrieb “schauinsland-reisen“. Der Reiseveranstalter feierte 2018 sein 100jähriges Jubiläum und liegt als größter Pauschalreiseanbieter Europas etwa bei einer Milliarde Euro Umsatz.
Die Einschätzung von Reiseprofi Szech ist klar: „In der Region Zentralasien, gerade mit den Ländern Usbekistan und Tadshikistan, steckt sehr viel Potential für die Reisebranche. Vor der weltweiten Pandemie war Usbekistan gut gebucht, weil es sich nicht wie andere Länder durch Visahürden abschottete und viel Sehenswertes zu bieten hat.“
Dazu zählt er vor allem die bombastische orientalischen Architektur in Buchara und Samarkand. Wichtig sei aber auch die entspannte Atmosphäre im Land ohne Stress und Hektik, die gelebte Gastfreundschaft und die reale Sicherheitslage. Da könne man Sachen auf der Straße stehen lassen, da passiert nichts.
Oft klemmt es bei der Vermarktung
„Beim Tourismus im ländlichen Raum wie in Gästehäusern, kleinen Pensionen und Jurten Camps“, so formuliert Szech seinen kritischen Blick, „sehe ich noch einige Luft nach oben.“ Außerdem sollte mehr Aufmerksamkeit auf eine bessere Ausbildung der Mitarbeiter im Bereich Hotel wie Gastronomie gelegt werden. Insgesamt klemmt es auch noch bei der Vermarktung dieser außergewöhnlichen Reiseregionen.
Um den vielen potenziellen Kunden in Europa und vor allem Deutschland konkrete Reiseangebote vorzulegen, braucht es ein Bündel von Maßnahmen wie beispielsweise Road-Shows in Deutschland. Das kostet Geld und da hapert es mit der Finanzierung. Deshalb ist für ihn diese Informationsreise ein Schritt in die richtige Richtung.
Neues Zentrum „Silk Road Samarkand“
Der Kronjuwel von Usbekistan ist die orientalische Architektur-Landschaft von Samarkand als der damalige Herrschscher Amir Timur hier seine majestätische Hauptstadt erschaffen ließ. In Erwartung großer Touristenströme aus aller Welt entsteht in der Stadt jetzt ein Kultur- und Touristik- Zentrum mit dem verheißungsvollen Namen „Silk Road Samarkand“. Hier sind insgesamt acht Hotels mit 1200 Zimmern untergebracht. Die Hotels liegen entlang von einem Kanal mit einer guten Aussicht von den Hotelzimmern.
Zum Hotelkomplex gehört das erste 5 Sterne Hotel in Samarkand und Zentralasien, authentische usbekische Küche mit 200 verschiedenen Plov-Gerichten. Außerdem entsteht ein Kongress-Center für Meetings, Incentive-Reisen, Conferences und Exhibitions (MICE) für 3500 Gäste.
Dieser Sektor zählt zu den profitabelsten in der Hotellerie und dementsprechend sind auch die Erwartungen in Samarkand groß. Insgesamt werden rund 700 Millionen Euro investiert, der Staatsanteil beträgt 40 Prozent, der Rest wird von privater Hand getragen. Als Baustellenchef und Generalmanager wurde dafür der international erfahrene Hotelmanager aus Deutschland Thomas Noll eingesetzt. Er ist zuversichtlich, dass die geplante Eröffnung schon im September dieses Jahres planmäßig stattfindet.
Mehr Touristen ins Land holen
Am Ende der Informationsreise werden die Teilnehmer in Duschanbe zu einem Gespräch in das Haus vom Komitee für Tourismus in Tadshikistan eingeladen. Gesprächspartner ist Usmonali Latifi, Mitarbeiter in der Abteilung Internationale Beziehungen des Komitees. In vielen angesprochenen Bereichen werden die Eindrücke und Informationen, die die Tourismusmanager während der Tour in Tadshikistan gesammelt haben, weiter bestärkt. Ganz klar formuliert wird das Ziel der Politik des Landes:
Alle Möglichkeiten nutzen, um mehr Touristen ins Land zu holen. Dazu gehört auch das selbstkritische Eingeständnis vom Sprecher des Komitees, dass die Tourismus Branche ungeachtet mancher Erfolge immer noch in den Anfängen steckt. Noch viel stärker sollte das Kulturelle Erbe von Tadshikistan mit seiner 5.000 Jahre alten Zivilisation für die Tourismus-Werbung genutzt werden. Bei den Tourismus-Zahlen liegt gegenwärtig Deutschland an fünfter Stelle im Länderranking.
Da ist sicherlich mehr möglich. Auch wenn man zusätzlich von dem Faktum ausgeht, dass Tadshikistan, ungeachtet seiner 1300 Kilometer langen Grenze zu Afghanistan, zu den zehn sichersten Ländern der Welt gehört. Ein Schwerpunkt ist auch die Grüne Technologie im Tourismus im ländlichen Raum beispielsweise beim Einsatz erneuerbarer Energie mittels Solarpanels auf Hoteldächern, teilweise finanziert durch die Weltbank. Schließlich wurde auch ein positives Resümee für die 14-tägige Informations-Reise gezogen. Es ist auch ein Beitrag, den Tourismus in Usbekistan und Tadshikistan zu fördern.
Zoom-Meeting bekräftigt Tourismus-Kurs
Organisiert vom Komitee für Tourismus in Tadshikistan und von der Allianz selbständiger Unternehmer in Deutschland (asr) fand am 23. Juni ein Zoom-Meeting statt. Darin wurde der eingeschlagene Kurs bekräftigt, mehr Touristen in Europa und besonders Deutschland anzusprechen.
Unbedingt müsse die Information über das Reiseland Tadshikistan und dazu eine Kommunikation verstärkt werden. Oder wer wisse schon, dass im Land mehr als 200 Hotels und über 700 Restaurants auch auf internationale Gäste warten, dass Tour-Guides für das Bergsteigen und die Jagd sowie dazugehörige Fahrer gebucht werden können und etwa 50 Sanatorien mit speziellen Mineralheilquellen auf den Gesundheits-Touristen warten. Auch Tourismusagenturen kamen im Meeting zu Wort.
So Ashurow Umedjon vom im Jahr 2009 mit zehn Mitarbeitern gegründeten Zerafshan Tourism Board (ZTB). Er stellte als ein Besucher-Highlight das Serafshan Valley vor sowie Trekking-Touren im Fann-Gebirge. Weiterhin präsentierte auch Najib Sharipow von der Agentur Silkway Adventure Touren mit Start von Duschanbe ins Pamirgebirge, wo sich mit dem Pamir Highway, der in einer Höhe von 4655 Metern verläuft, der zweithöchste Highway der Welt befinden. Mit solchen und weiteren Offerten wird Tadshikistan mit Sicherheit viele potenzielle Besucher in Deutschland ansprechen, wenn sie darüber erfahren und sich informieren können.
Die Reise wurde organisiert und durchgeführt von der französischen Organisation ACTED und dem usbekischen Reiseverband APTA. Finanziert wurde sie vom Projekt der europäischen Union „Silk Road CBT Initiative: Connecting Central Asian Community-Based Tourism and European Markets“ im Rahmen des Programms „Central Asia Invest V“.
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