Mittwoch, Dezember 18, 2024
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Was ist eine „sanfte Geburt“?

Frederick Leboyer erzählt

Der Begründer der „sanften Geburt“ ist der französische Geburtshelfer Frederick Leboyer, der in den 1960er und 70er Jahren mit seinen neuen Ideen über die sanfte Geburt bekannt wurde. Seine Forderung war es, dem Kind den Übergang vom Mutterleib in unsere Welt so sanft wie möglich zu gestalten. Lest hier, was genau er sich vorstellte.

„Seht es treibt an den Strand.
Noch tragen es die Wellen.
Stoßen es etwas höher den Strand hinauf.
Setzen es schließlich ab.
Nun ist es frei. Und verwirrt von seiner Freiheit.
Stört nichts. Laßt es. Laßt es gewähren. Laßt ihm Zeit.
Geht die Sonne mit einem Ruck auf?“

(Frederick Leboyer)

Leboyer, der Begründer der „sanften Geburt“ will mit diesem Begriff keineswegs aussagen, daß der Geburtsablauf sanft ist, sondern daß alle Beteiligten dem Kind den Übergang vom Mutterleib in unsere Welt so sanft wie möglich gestalten sollten. Damit meint er die Geburtsatmosphäre in der Umgebung der werdenden Mutter und des Neugeborenen.

Ideal wäre also ein Zimmer, in dem sich die Schwangere wohlfühlt, das Gemütlichkeit und Geborgenheit ausstrahlt. Sehr erfreulich ist, daß immer mehr Kliniken ihre Geburtsabteilung umgestalten und ruhige Farben, Pflanzen, Musik und Düfte Einzug halten.

Die Gebärende sollte von unwichtigen Dingen und Geräuschen ferngehalten werden, wie beispielsweise Telefon, Türglocke, Straßenlärm. Jede noch so belanglose Störung kann die Frau in diesem Moment irritieren. Sie soll sich zurückziehen und gänzlich auf des Geschehen in ihrem Körper konzentrieren können.

Der kleine Mensch sollte in einer ruhigen, angenehmen Atmosphäre geboren werden können. Also lieber Kerzenschein zur Begrüßung, als Neonlicht, angenehme Wärme und nicht kalte Luft, um den Neugeborenen den Temperaturschock zu erleichtern.

Der Übergang von drinnen nach draußen kann einem Menschen bei seiner Geburt nicht erspart werden. Er ist wichtig für die Aktivierung der Lebensfunktionen. Das Neugeborene muß deutlich spüren, daß eine Veränderung stattgefunden hat. Dazu tragen aber schon die Wehen, der enge Geburtskanal und der Druckunterschied bei. Die Geburtshelfer sollten dem Kind Zeit lassen, langsam auf der Welt anzukommen, behutsam in die Welt des Lichtes, der Härte und Kälte zu gleiten.

Sobald das Baby gut atmet, ist nichts auf der Welt wichtiger, als daß Mutter und Kind sich fasziniert betrachten, betasten, spüren, und sich damit auf ihre eigene spontane Weise begrüßen können. In den ersten Minuten des Lebens brauchen sie dazu nichts weiter als ihre Ruhe – in einem warmen, abgedunkelten Raum, in dem man sie unbeobachtet und ungestört läßt.

Aufmerksame Geburtshelfer ziehen sich nach der Geburt erst einmal zurück, bleiben jedoch rufbereit. Sich zu versichern, daß Mutter und Kind die Geburt komplikationslos überstanden haben und das Kind mit vorgewärmten Tüchern zu versorgen, nimmt nur wenige Minuten in Anspruch. Das Abnabeln, die Nachgeburt, eine evtl. Dammnaht, das Wiegen und Messen des Neugeborenen – all das kann warten.

Diesen Ablauf möchte Leboyer uns nahelegen und es dem Kind damit ermöglichen, sanft geboren zu werden.

Ich bin da, ich habe es geschafft.
Es war schwer und ich hatte Angst.
Aus der wohligen Wärme kam ich in die Kälte.
Aus dem geborgenen Dämmern in ein helles Licht.
Nun hänge ich zwischen Himmel und Erde und ringe nach Luft.
Nichts anderes kann ich als schreien.
Und ich schreie und atme.
Endlich, ich bewege Arme und Beine.
Auf einmal habe ich viel Platz.
Ich kann mich nirgends festhalten. Nichts umgibt mich.
Ich bin ganz allein.
Da umfaßt mich etwas, warm und leicht.
Und streichelt und wiegt mich wieder und wieder.
Und ich höre eine Stimme, die ich schon lange kenne.
Da bin ich ganz still und ich weiß, jetzt wird alles wieder gut.

(Verfasser unbekannt)

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