Bereit für ein Dasein als Mutter? Um das herauszufinden verlieh im Jahr 2009 RTL Babys an Teenager und hat es damit geschafft, Politiker und Verbände mit einer Show auf die Barrikaden zu bringen, noch bevor diese ausgestrahlt wurde. Bei „Erwachsen auf Probe“ sollen junge Pärchen vier Tage lang fremde Babys hüten…
Wisst Ihr noch? In diesem Beitrag schauen wir einmal zurück ins Jahr 2009.
Am 3. Juni 2009 startete eine achtteilige Dokusoap, bei der Säuglinge und Kleinkinder von ihren Eltern getrennt und für die Dauer von rund vier Tagen in die Obhut von Teenagern gegeben werden, die den Umgang mit Babys lernen wollen.
Statt die Teenager einfach ein paar Tage in einer Familie mit kleinen Kindern leben zu lassen, setzt „diese Sendung die Kinder einem hohen Risiko aus, ist somit Kindeswohlgefährdung und nicht hinnehmbar“, sagte die Bundesgeschäftsführerin des Deutschen Kinderschutzbundes Paula Honkanen-Schoberth.
Kinder im Alter von neun bis 14 Monaten sind in einer hochsensiblen Phase und reagieren mit Angst und Abwehr auf fremde Personen. „Indem RTL diese Kinder existenziellen Ängsten aussetzt, nimmt der Sender die Entstehung einer Bindungsstörung bei den Kindern billigend in Kauf“, sagte Honkanen-Schoberth. „Sollen wehrlose Babys hier den Preis dafür zahlen, dass RTL eine möglichst große Zuschauerzahl und damit hohe Werbeeinnahmen erzielen will? Das ist für uns nicht zu akzeptieren.“
Auch damalige bayerische Familienministerin Christine Haderthauer (CSU) fürchtete eine seelische Gefährdung der Babys, wenn diese von ihren leiblichen Eltern getrennt werden. Kritik kam auch von der Vereinigung Analytischer Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten.
„Erwachsen auf Probe“ – „eine Form der Prostitution“
Besonders scharfe Worte fand der Deutsche Hebammenverband und sieht in der Show sogar „eine Form der Prostitution“, allerdings ohne eine Folge gesehen zu haben.
Auch die Erziehungsexpertin und Psychotherapeutin Martina Leibovici-Mühlberger vertritt die Ansicht, daß „diese Sendung keinerlei erzieherischen Wert hat, sondern der Ausdruck absoluter Verantwortungslosigkeit ist.“ Die viertägige Trennung von ihren Eltern berge für Babys große Gefahren, Leibovici-Mühlberger spricht von einem „existenziellen Kontaktabbruch“.
Zwar könnten die Eltern der Kinder den Umgang der Teenager mit ihrem Nachwuchs in den kameraüberwachten Räumen 24 Stunden lang beobachten und auch der Sender schaltet Fachleute wie eine Kinderpsychologin, eine Ärztin und Erzieherin ein, aber auch dies ist nach Ansicht des Kinderschutzbundes keine Lösung.
BBC-Format „The Baby Borrowers“.
Die Show basiert übrigens auf dem BBC-Format „The Baby Borrowers“. Bei RTL wird man sich über die viele Vorab-Kritik freuen. Der Empörungen ist leicht zu begegnen, da keiner der Kritiker die Show bislang gesehen hat. „Eine pauschale Verurteilung des Formates aufgrund einer Programmankündigung kann keine Grundlage für eine Diskussion sein“, sagte eine RTL-Sprecherin. Auch RTL-Unterhaltungschef Tom Sänger weist darauf hin, dass die Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen der Show bereits eine „positive pädagogische Absicht“ bescheinigt hat. RTL hat außerdem die Kritiker wiederholt eingeladen, sich die Sendung anzusehen.
Kritik an solchen TV-Formaten ist verständlich, nur sollte die Sendung vorher gesehen werden. Ansonsten bleibt von dem ganzen Rummel lediglich ungewollte und unbezahlte PR übrig.
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