Mittwoch, November 13, 2024
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Elektrische Muskelstimulation als Behandlungsalternative

(dgk/DDZ) Taubheit, Brennen oder „Ameisenlaufen“ an den Beinen sind belastende Gefühlsstörungen, unter denen etwa ein Drittel der Patienten mit Diabetes mellitus leidet. Chronisch erhöhter Blutzucker kann zu Nervenschädigungen führen, der so genannten diabetischen Polyneuropathie. Am häufigsten sind Unterschenkel und Füße betroffen. Außer Missempfindungen sind gestörte Temperatur- und Schmerzwahrnehmung typische Zeichen, aber auch Schmerzen können sich entwickeln. Die quälenden Symptome treten in Ruhe, besonders nachts, verstärkt auf.

Behandelt wird dies mit verschiedenen Medikamenten aus dem Bereich der Psychopharmaka oder Epilepsiebehandlung, oft aber mit Nebenwirkungen wie Müdigkeit und Mundtrockenheit. Besonders schwer therapierbar ist die seltenere, schmerzhafte Form dieser Neuropathie. Im Deutschen Diabetes-Zentrum (DDZ) wurde hiergegen ein neuartiges physikalisches Therapieverfahren untersucht.

Bei einer Studie, in der erforscht wurde, ob sich durch die Anwendung von hochfrequenter elektrischer Muskelstimulation die Insulinresistenz bessern ließe, fiel zufällig auf, dass die Patienten über eine Minderung der neuropathischen Symptome berichteten. Daraufhin startete die Düsseldorfer Arbeitsgruppe eine Pilotstudie, in der die Wirkungen von externer Elektrostimulation mittels Hochfrequenz (HF) mit den eines anderen physikalischen Verfahrens, der TENS-Behandlung (transkutane elektrische Nervenstimulation), verglichen wurden.

An der Studie nahmen 41 Patienten mit Typ 1 oder Typ 2 Diabetes teil. Zufällig zugeordnet erhielten 21 die TENS-Behandlung und 20 die HF-Stimulation, jeweils 30 Minuten täglich an drei aufeinander folgenden Tagen. Das Ausmaß ihrer Beschwerden gaben die Studienteilnehmer anhand einer Skala von 1 bis 10 an, einen Tag vor der Behandlung, an den Behandlungstagen und zwei Tage danach. Positives Ansprechen auf die Therapie war definiert als eine Symptomlinderung um mindestens drei Punkte.

Eine deutliche Verbesserung gaben in der HF-Gruppe 80 Prozent der Patienten (16 von 20) an, in der TENS-Gruppe nur 33 Prozent (7 von 21).

Außerdem wurde in Subgruppen untersucht, wie die beiden Therapieverfahren bei nichtschmerzhafter und schmerzhafter Neuropathie wirken. In beiden Gruppen war die HF-Behandlung überlegen: bei den Patienten mit schmerzloser Neuropathie bei 7 von 7 Untersuchten (100 Prozent) und bei der schmerzhaften Form bei 9 von 13 Patienten (69 Prozent). TENS brachte dazu im Vergleich nur eine Beschwerdebesserung bei der schmerzlosen Form bei 4 von 9 Patienten (44 Prozent) und bei der schmerzhaften Neuropathie bei 3 von 12 Patienten (25 Prozent). Die Beschwerden traten nach einigen Tagen wieder auf, deshalb scheint eine kontinuierliche Behandlung notwendig zu sein.

Außer der Wirkung gegen diabetische Neuropathie zeigte die hochfrequente Muskelstimulation in einer weiteren Pilotstudie aber auch Qualitäten bei der Senkung des HbA1c und des Körpergewichts. 16 Personen mit Typ 2 Diabetes wendeten die HF-Behandlung sechs Wochen lang eine Stunde täglich an. Aufgrund früher japanischer Untersuchungsergebnisse war bekannt, dass elektrische Muskelstimulation die Insulinsensitivität verbessern kann. Nun erzielte die Therapie mit dem HiToP-Verfahren in der Düsseldorfer Studie eine mittlere Gewichtsabnahme von 1,4 kg Körpergewicht und eine Senkung des HbA1c um 0,6 Prozent.

Damit erbrachte elektrische Muskelstimulation erstmals signifikante Effekte, die unterstützend bei der Diabetes-Behandlung eingesetzt werden könnten.

Diese Arbeit erhielt Anfang September in Bonn auf der Herbsttagung der Deutschen Diabetes-Gesellschaft von der Arbeitsgemeinschaft niedergelassener Diabetologen einen Förderpreis für „Präventionsmodelle in Klinik und Praxis“.

Originalpublikation: Reichstein L, Ziegler D et al. (2005) Effective treatment of symtomatic diabetic
polyneuropathy by high-frequency external muscle stimulation. Diabetologia 48: 824-828

Kirsten Lindloff, Deutsche Diabetes-Klinik des Deutschen Diabetes-Zentrums an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Leibniz-Zentrum für Diabetes-Forschung

Für Rückfragen zu dieser Presseinformation wenden Sie sich bitte an:

Prof. Dr. med. Werner A. Scherbaum
Ärztlicher Direktor des Deutschen Diabetes Zentrum DDZ und
Direktor der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Rheumatologie
des Universitätsklinikum Düsseldorf
Leibniz-Institut an der Heinrich-Heine-Universität
Auf’m Hennekamp 65, 40225 Düsseldorf
Telefon: 02 11 / 33 82 – 2 00, Fax: 02 11 / 33 69 103
E-Mail:  [email protected]

SourceDGK

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