Dienstag, März 19, 2024
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Interview mit Prof. Dr. Dr. Ahnert und 3 revolutionäre Ergebnisse in Bezug auf die frühkindliche Entwicklung bei Kleinkindern.

Neue Fisher-Price Expertin gibt überraschende Einblicke in Ihre Ergebnisse

Adeba hatte die Chance, die Fisher-Price Expertin und Professorin im Bereich Angewandte Entwicklungspsychologie an der Freien Universität Berlin Frau Prof. Dr. Dr. Ahnert zu befragen und Ihre 3 revolutionärsten Ergebnisse in Bezug auf die frühkindliche Entwicklung bei Kleinkindern zu erfahren.

Frau Prof. Dr. Dr. Ahnert leitete mehrere Studien, in denen unter anderem das Bindungsverhalten von (Klein-) Kindern untersucht wurde. Sie ist außerdem Autorin des Buches „Wieviel Mutter braucht ein Kind?“.

Fisher-Price Expertin und Professorin im Bereich Angewandte Entwicklungspsychologie an der Freien Universität Berlin Prof. Dr. Dr. Ahnert. Sie leitete mehrere Studien, in denen unter anderem das Bindungsverhalten von (Klein-) Kindern untersucht wurden. Sie ist außerdem Autorin des Buches „Wieviel Mutter braucht ein Kind?“. Foto: Christian Thiel
Fisher-Price Expertin und Professorin im Bereich Angewandte Entwicklungspsychologie an der Freien Universität Berlin Prof. Dr. Dr. Ahnert. Sie leitete mehrere Studien, in denen unter anderem das Bindungsverhalten von (Klein-) Kindern untersucht wurden. Sie ist außerdem Autorin des Buches „Wieviel Mutter braucht ein Kind?“. Foto: Christian Thiel

Stefan Fritsche/Adeba:

Während Ihrer langjährigen Arbeit als Entwicklungspsychologin haben Sie viele Studien geleitet. Können Sie uns zwei, drei der interessantesten Ergebnisse in Bezug auf die frühkindliche Entwicklung bei Kleinkindern geben, die für Sie persönlich am revolutionärsten waren?

Prof. Dr. Dr. Ahnert

Für mich persönlich sind vor allem drei Erkenntnisse über die Eigenschaft der Feinfühligkeit und ihrer Wichtigkeit für die frühkindliche Entwicklung von großer Bedeutung. 

Erstens: Will man die Entwicklung von Kindern zielführend unterstützen, muss man die Welt aus der Perspektive des Kindes verstehen wollen. Und dazu braucht es Gespür und Feinfühligkeit. Zum Glück ist Feinfühligkeit nicht nur eine Eigenschaft, die Mütter entwickeln. Allerdings ist dies meist leichter für sie als für andere Personen, da die mütterliche Biologie gleich nach der Geburt die Fürsorglichkeit antriggert und das Stress-System dämpft. Feinfühligkeit wird auch von Vätern und anderen Verwandten des Kindes (Großeltern) vorgehalten und ist selbst bei fremden Betreuungspersonen (Erzieherinnen u.a.) entwickelt.

Zweitens: Feinfühligkeit ist keine stabile Persönlichkeitseigenschaft, sondern schwankt in Abhängigkeit von der betreuenden Person und vom sozialen Umfeld. In einem gesicherten sozialen Umfeld kann sich „Feinfühligkeit“ sehr gut entwickeln, wenn Eltern keine großen finanziellen Sorgen kennen, sich selbst gut verstehen und die Elternschaft als eine Bereicherung empfinden. In unseren Untersuchungen bei sozial-schwachen Familien, in denen finanzielle Nöte und chaotische Alltagsabläufe die Norm waren, hatten die Kinder Feinfühligkeit eher in der Krippe erlebt und eine bessere Bindungsbeziehung zu ihren Erzieherinnen entwickelt als zu ihren Müttern.

Drittens: Feinfühligkeit heißt nicht nur, die negativen Gefühle des Kindes richtig zu erkennen, Probleme wahrzunehmen und zu trösten. In den Jahren nach der Säuglingszeit werden die Entwicklungsbedürfnisse des Kindes komplexer: Unsicherheiten können schon selbst gut reguliert werden. Neugier, Erkunden und Lernen treten in den Vordergrund. Jetzt kommt es darauf an, trotz der vielen kindlichen Missgeschicke eine positive Gefühlswelt zu entwickeln und diese in der Beziehung zum Kind aufrechtzuerhalten.

Stefan Fritsche/Adeba:

Wie viele Impulse benötigen Kinder aus ihrem direkten Umfeld und wie beeinflussen externe Impulse (wie z.B. Spielzeug) die Entwicklung?

Prof. Dr. Dr. Ahnert

Bereits Säuglinge verfügen über leistungsfähige Lernmechanismen, die es ihnen
ermöglichen, eigene Bilder über die Welt zu konstruieren; manche dieser Mechanismen sind sogar angeboren. Die Kinder versuchen so, sich selbständig die Welt zu erklären. Sie entwickeln dabei immer wieder neue Ideen, revidieren ihre bisherigen Vorstellungen über die Welt und korrigieren Fehler. Je intensiver diese Lernprozesse fortschreiten, desto besser entwickelt sich das Denken. Eltern und andere Betreuungspersonen sind infolgedessen gefordert, diese Lernprozesse zu unterstützen. Das tun sie auch zumeist intuitiv bei vielen Aktivitäten im Alltag und beim Spielen. Alltägliche Erlebnisse wie auch das Spiel mit Spielzeugen sind beide sehr wichtig und gehen oft auch ineinander über. Diese Bereiche sollten auch nicht voneinander getrennt werden.

Stefan Fritsche/Adeba

Ist es als ein schlechtes Zeichen zu deuten, wenn mein Kind an Spielzeugen festhält, aus denen es eigentlich schon „herausgewachsen“ ist?

Prof. Dr. Dr. Ahnert

Nein. Das Kind verbindet mit diesem Spielzeug nicht nur die unmittelbaren Spiel-Eigenschaften, sondern bestimmte Situationen, in denen dieses Spielzeug eine besondere Wertigkeit bekommen hat.

Vielleicht hat es der Vater mitgebracht, nachdem er wegen einer langen Dienstreise vermisst wurde; hat seine freudige Wiederkehr im Gedächtnis verankert? Vielleicht hat es mit seinen kuscheligen Eigenschaften immer wieder beim Einschlafen geholfen und Ängste vertrieben?

Diese und andere Erinnerungen sind dafür ausschlaggebend, dass ein Spielzeug auch über den eigentlichen Spielwert hinaus weiterhin für das Kind attraktiv bleiben kann, manchmal sogar ein Leben lang.

Stefan Fritsche/Adeba

Wie stehen Sie dazu, bei der Kaufentscheidung von neuen Spielzeugen stets der angegebenen Altersempfehlung zu folgen? Sollte ich mit meinem Kind zusammen Spielzeuge kaufen?

Prof. Dr. Dr. Ahnert

Die Altersempfehlungen beziehen sich auf eine Altersbrandbreite, die oftmals sogar im Labor getestet wurde. Diese Empfehlungen sind damit nützliche Richtwerte für eine Strukturierung des allgemeinen Spielzeugangebotes und auch für Erwachsene, die Geschenke machen wollen und die Besonderheiten des zu beschenkenden Kindes nicht kennen. Beim Spielzeugkauf für das eigene Kind kann man selbstverständlich auch die jeweiligen Besonderheiten einbeziehen (z. B. mag keine Puzzles). Von einem gemeinsamen Spielzeugkauf mit dem Kind ist jedoch abzuraten, da dies die Entscheidungskompetenz des Kindes überfordern würde.

Stefan Fritsche/Adeba

Welche Relevanz haben für Sie als Expertin sogenannte „entwicklungsstützende Spielzeuge“ die bei zielbestimmten Entwicklungsstufen wie Krabbeln oder Laufen behilflich sein können?

Prof. Dr. Dr. Ahnert

Eine große Relevanz, da gezielte Anregungen helfen können, Entwicklungsblockaden zu überwinden, vorausgesetzt dass sie feinfühlig eingesetzt werden.

Stefan Fritsche/Adeba

Wie müssen Spielzeuge konstruiert sein, damit Kinder möglichst lange mit ihnen spielen?

Prof. Dr. Dr. Ahnert

Wann und ob ein Kind lange und ausgiebig mit einem Spielzeug spielt, hängt von vielen Faktoren ab. Damit beschäftigt sich ein ganzer Forschungszweig: die Spielforschung.

Hier spricht man gern vom Anregungsgehalt, der suggeriert, dass die Spielzeuge für unsere Kinder möglichst bunt und vielfältig sein sollten, um das kindliche Spiel anzukurbeln. Das ist jedoch eine Erwachsenen-Sicht. Kinder wollen im Spiel ihre Umwelt erkunden, Alltagsabläufe nachvollziehen, vielfältige Formen und Farben entdecken, aber auch herausfinden, wozu die Dinge da sind und gebraucht werden. Dies wiederum ist abhängig davon, in welcher Umwelt das Kind groß wird.

Da wird dann auch schnell mal ein Kochlöffel zum „Spielzeug“ und eine Schüssel zum Gefäß für unzählige Dinge und Handlungen. Und Bauklötzchen haben bis heute mit ihren universellen Eigenschaften ihre Faszination beim Spiel kleiner Kinder nicht verloren.

In unserem zunehmend digitalisierten Alltag beobachten die Kleinkinder jedoch beispielsweise auch viele technische Abläufe:

Auf Knopfdruck passiert etwas, wird es im Raum heller, hören wir Musik, sehen wir Filme und so weiter. Die heutigen Spielzeuge bilden auch diese Eigenschaften bereits ausgezeichnet ab und sind auch schon für Kleinkinder universell und multi-funktional ausgelegt. Sie können deshalb die kindliche Erkundung mit allen ihren Sinnen sehr gut unterstützen.


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