Montag, Dezember 2, 2024
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Das Parental Alienation Syndrome und das Besuchsrechtssyndrom – ein fachlicher Vergleich

Parental Alienation Syndrome vs. Besuchsrechtssyndrom

Julia Bleser ist Expertin für das Parental Alienation Syndrome PAS, die Eltern-Kind-
Entfremdung. Hier beleuchtet sie einen besonderen Aspekt dieser Störung der kindlichen
Entwicklung, indem sie ihre Symptomatik zu der eines zwar verwandten aber prinzipiell ganz anders strukturierten Phänomens abgrenzt: dem sogenannten Besuchsrechtssyndrom.

Besuchsrechtssyndrom

„Das Besuchsrechtssyndrom ist deshalb von so großer Bedeutung für das Verständnis einer
Eltern-Kind-Entfremdung, weil es zwar auch dabei zu einem Loyalitäts- und Zielkonflikt des
Kindes kommt. Im Gegensatz zum PAS gibt es beim Besuchsrechtssyndrom jedoch keine
ursächlichen Bestrebungen des hauptsächlich betreuenden Elternteils, diesen Konflikt zur
Entfremdung zu instrumentalisieren“, erklärt Julia Bleser. Die Verhaltenstrainerin betreut in
ihrer täglichen Praxis oft Familien, deren Kinder unter den Folgen einer Trennung der Eltern
leiden und auffälliges Verhalten bis hin zu Entwicklungsstörungen zeigen.

Was ist das Besuchsrechtssyndrom?

Vom Besuchsrechtssyndrom sprechen Psychologen und Pädagogen, wenn sich eine für das
Kind und die Eltern gänzlich neue Umgangsregelung erst einmal bewähren muss. Es ist vor
allem durch drei Symptome gekennzeichnet, zu denen es in den ersten Wochen oder Monaten zuverlässig bei jedem regulären Besuchstermin kommt: Das verzweifelte Weinen und Anklammern des Kindes, das beim Zurückbringen zum hauptsächlich betreuenden Elternteil äußert, nicht dorthin zurück zu wollen. Das Zeigen emotionaler Auffälligkeiten in den auf die Besuchszeit folgenden Tagen bis hin zu psychosomatisch bedingten körperlichen Reaktionen. Sowie das Schweigen des Kindes über Erlebnisse während der Besuchszeit.

Julia Bleser rät ihren Klienten, diese Reaktionen als normal zu werten und dem Kind Zeit zu
lassen, sich an den neuen Zustand zu gewöhnen. „Es hilft gar nichts, sondern ist extrem
kontraproduktiv, das zum Problem zu machen oder gar zu pathologisieren“, erläutert die
Expertin den aktuellen Stand der Humanwissenschaften. „Denn der innere Konflikt des
Kindes besteht nun einmal eine gewisse Zeit. In den Symptomen des Besuchsrechtssyndroms äußert sich die instinktive und ganz natürliche Angst, zwischen den Eltern wählen zu müssen, nur noch zu einem gehören zu können.

Kinder müssen die Besuchsregelung eine ganze Zeitlang erleben, damit sie schließlich lernen: Das klappt. Ich kann weiterhin ganz fest darauf vertrauen, dass beide Eltern innerhalb geordneter Verhältnisse für mich da sind und darf beide liebhaben, ohne mit negativen Konsequenzen rechnen zu müssen.“

Warum ist das Verständnis für das Besuchsrechtssyndrom so wichtig?

Die essentielle Bedeutung des Besuchsrechtssyndroms für ein erweitertes Verständnis der
Eltern-Kind-Entfremdung liegt darin, dass sich bei manipulierender Reaktion des
hauptsächlich betreuenden Elternteils auf das Besuchsrechtssyndrom leicht ein PAS
entwickeln kann. „Denn die Symptome des Besuchsrechtssyndrom laden natürlich zu
Spekulationen ein, wenn es ohnehin ungelöste Konflikte oder Vorbehalte gibt“, sagt Julia
Bleser. „Klagt das Kind zum Beispiel immer über Bauchschmerzen am Tag, nachdem es das Wochenende beim Vater verbracht hat, wirkt blass, niedergeschlagen und launisch, liegt es
für eine sowieso von Groll erfüllte Mutter nahe, schlechtes zu mutmaßen.“

So münden die normalen Symptome des Besuchsrechtssyndroms unter Umständen ganz leicht in die viel fatalere Dynamik der Entfremdung. „Mütter oder auch Väter machen sich und dem Kind dann selbst weiß, das andere Elternteil sei verantwortungslos, gebe dem Kind bei seinen Besuchen nur Junkfood und Süßigkeiten zu essen oder sein neuer Partner jage dem Kind Angst ein.“

Hilfreich wären hier viel eher, dem Kind Halt und Geborgenheit zu geben und in extremen
Fällen bei älteren Kindern leichte pflanzliche Beruhigungsmittel zur Ergänzung in Betracht zu ziehen. Eine Auswahl und Informationen sind in der shop-apotheke zu finden.
Zum anderen ist ein Verständnis für das Besuchsrechtssyndrom wichtig, um zu erkennen,
dass bei jeder Trennung die Gefahr einer PAS immanent ist. Weil es immer unaufgearbeitete, zunächst zu bewältigende Konflikte bei von einer Trennung betroffenen Kindern gibt. Und es wichtig ist, deren Verarbeitung als natürliche Anzeichen eines Prozesses zu begreifen und in ihnen keine Steilvorlagen für Befürchtungen zu sehen, die man sich selbst gerne einreden will.

Wo liegt der wesentliche Unterschied zwischen dem Besuchsrechtssyndrom und einem PAS?

Neben dem Unterschied in der grundsätzlichen Intention des hauptsächlich betreuenden
Elternteils grenzt sich die Eltern-Kind-Entfremdung vom Besuchsrechtssyndrom vor allem
durch die Perspektive des Kindes ab, wie Julia Bleser auf der Grundlage ihres Fachwissens
darlegt: „Das klinische Bild des PAS ist nach Richard A. Gardner dadurch geprägt, dass das
Kind den Loyalitätskonflikt bereits hinter sich gelassen und auf die für seine Psyche
verheerende Weise der Parteinahme für das hauptsächlich betreuende Elternteil scheinbar
gelöst hat.“

So sind Kinder, die unter PAS leiden, beeinflusst durch Mutter oder Vater schon in der Phase, in der sie selbst ohne objektiv vorliegenden Grund wie Misshandlungen oder
Vernachlässigung gar keinen Kontakt zum anderen Elternteil mehr möchten. Und den bereits erfolgten Abbruch dieses Kontaktes auch ganz klar als ihren eigenen Willen artikulieren. Erst wenn es soweit sei, stellt Julia Bleser klar, sprächen Fachleute von einem vorliegenden PAS.

Was sind typische Symptome einer Eltern-Kind-Entfremdung?

Ein voll ausgeprägtes PAS zeigt sich unter anderem dadurch, dass betroffene Kinder
Werturteile des sie nunmehr ausschließlich betreuenden Elternteils über das andere Elternteil übernehmen und mit altkluger Attitüde teilweise wörtlich wiedergeben. „Geradezu klassisch ist etwa das vierjährige Kind, das Urteile trifft wie: Er oder sie hat sein Leben sichtbar nicht im Griff“, illustriert Julia Bleser dieses Symptom mit einem Beispiel aus ihrer Praxis.

Weitere Symptome sind Spaltung in „Gut und Böse“, wobei dem betreuenden Elternteil nur
noch positive, dem entfremdeten Elternteil hingegen nur noch negative Eigenschaften
zugeschrieben werden, sowie Konfabulation zusätzlicher Gründe für die Ablehnung des
Kontakts. „Letzteres kann wirklich zu schlimmen Aussagen der Kinder führen, bis hin zur
Behauptung von Vorfällen, die es tatsächlich nie gegeben hat. Das Kind baut seine Rolle im
Sinne der es manipulierenden Person aktiv aus“, warnt Julia Bleser.

Was sind die langfristigen Folgen eines PAS?

Die Folgen eines PAS für Psyche und Ego betroffener Kinder sind gravierend und prägen
auch den späteren Erwachsenen maßgeblich. Die starke Zunahme allgemein verbreiteter
Persönlichkeitsstörungen wie zum Beispiel der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung NPS
oder dem Borderlinesyndrom sei, so die Ansicht Julia Blesers und vieler anderer Experten,
auch darauf zurückzuführen, dass eine steigende Anzahl von Trennungen in den letzten
Jahrzehnten zu einer steigenden Anzahl nicht diagnostizierter Eltern-Kind-Entfremdungen
geführt habe.

In schweren Fällen sollte ein Facharzt befragt werden, der unter Umständen
hilfreiche therapeutische und medikamentöse Methoden empfehlen kann. Sie erneuert deshalb ihren Appell aus dem letzten Beitrag zum Thema PAS: „Die Eltern-Kind-Entfremdung geht uns alle an. Freunde und Verwandte dürfen das nicht ignorieren, sondern müssen möglichst frühzeitig intervenieren, wenn sie solche Phänomene beobachten.“

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